Luftfahrt im Altertum









 

  


 

 

 

Sphinx (ägyptisch)


Die ägyptische Sphinx ist eine Statue eines männlichen Löwen zumeist mit einem Menschenkopf. Daneben waren auch Widder-, Falken- und Sperberköpfe gebräuchlich. Sphingenähnliche Darstellungen gab es allerdings auch in den südamerikanischen Hochkulturen, zum Beispiel in Tiahuanaco beziehungsweise der Kultur von Paracas.

Wortherkunft

Das Wort „Sphinx“ σφίγξ kommt vom Griechischen σφίγγω (σφίγγειν), sphíngo (Infinitiv: sphíngein) und bedeutet „erwürgen; (durch Zauber) festbinden“ oder vom Ägyptischen spanch (das, was das Leben empfängt). Im Altägyptischen bedeutet schesep anch, lebendiges Abbild.

Grammatisches Geschlecht

Das Wort „Sphinx“ war bei den Griechen ursprünglich nur der Name der Tochter von Typhon und Echidna und wurde später auch als eigenständiges Substantiv gebraucht. Daher ist im Griechischen das grammatische Geschlecht dieses Wortes eindeutig weiblich. Derselbe Begriff wurde als substantivische Bezeichnung mit grammatisch weiblichem Geschlecht später auch für ähnliche, in Ägypten gefundene Objekte verwendet, selbst wenn sie männliche Pharaonen darstellten. Grundsätzlich muss man in der Sprachgrammatik immer das grammatische Geschlecht (Genus) von dem natürlichen Geschlecht (Sexus) unterscheiden, wobei das grammatische Geschlecht nicht durch das natürliche korrigiert werden kann. Das natürliche Geschlecht der ägyptischen Sphinx ist in der Regel männlich, da sie einen männlichen Tierkörper mit dem Kopf eines Mannes, meist des amtierenden Pharaos, darstellt. Es gibt jedoch auch Sphingen von Prinzessinnen und Königinnen.
Ungeachtet einer grammatikalischen Korrektheit oder Vertretbarkeit hat sich jedoch mit dem Lauf der Zeit in der archäologischen und ägyptologischen Fachsprache die Verwendung des maskulinen Artikels für die ägyptische Sphinx eingebürgert und der Duden führt seit einiger Zeit auch den fachsprachlichen Gebrauch des maskulinen Artikels für dieses Wort an.

Den maskulinen Artikel für die ägyptische Sphinx gibt es allerdings nicht nur in der deutschen Sprache, auch im fachsprachlichen französischen Gebrauch findet man ihn. Nur für den ägyptologischen Gebrauch kennt zudem der Duden im Deutschen neben dem normalen Plural „Sphinxe“ auch den Plural „Sphingen“.

Geschichte

Im 2. Jahrtausend v. Chr. wurde die Sphinx von den vorderasiatischen Phönikern, Hethitern und Assyrern übernommen, so auf einer Wandmalerei in Mari. Dabei wird er häufig auch geflügelt in der Glyptik. Als Großplastik findet er sich vor allem bei den Hethitern wie das Sphingentor in Alaca Höyük. Daneben gibt es ihn auch als Orthostatenrelief aus Karkemisch eine Variante mit Löwen- und Menschenkopf. Sphingen trugen auch Säulen oder Standbilder wie in Sakçagözü; Tell Halaf. In Mykene ist eine Sphinx mit kleinem weiblichen Stuckkopf belegt. Die Phöniker stellten auf Elfenbein, Bronzeschalen und Siegeln die Sphingen schreitend mit menschlichem oder Falkenkopf und mit Schwingen dar. Typisch phönikisch sind dabei gegebenenfalls der Schurz oder die Frisur. Ägyptische Attribute sind jedoch Sonnenscheibe, Pektorale, Uräusschlange oder Doppelkrone.

Darstellung und Bedeutung bei den Griechen

Auch die Griechen übernahmen die Sphinx als ein in der Regel geflügeltes Abbild. Nur fassten sie dieses Mischwesen im Gegensatz zu den anderen Völkern mit ihrem Tierkörper mit Frauenkopf dann auch weiblich auf. Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. wurde die Sphinx in der griechischen Kleinkunst auf korinthische Vasen rein dekorativ als Fabeltier und seit dem späten 7. Jahrhundert v. Chr. auch in der monumentalen Plastik als Wächter von Grab und Tempel dargestellt.
Dem Anschein nach hatte die Sphinx bei den Griechen den Charakter eines Todesdämons. Sie war sowohl im Hellenismus wie auch in der römischen Kultur häufig anzutreffen. Sphingen kamen später selbst in der Kunst des Mittelalters beispielsweise in Form von romanischem Kapitellschmuck vor. Sphinxdarstellungen gab es danach besonders im 18. Jahrhundert vor allem als Gartenskulpturen und dann auch in anderer Darstellungsweise im 19. Jahrhundert. In der Malerei des Symbolismus wurden sie von den Künstlern durchweg als weiblich, auch als androgyn aufgefasst.

Benennung und Darstellung im alten Ägypten

Die Ägypter nannten die Sphingen „Hu“. Der heutige Name basiert auf der Legende der griechischen Sphinx, die vorbeikommende Reisende stets erwürgte, wenn diese das von ihr gestellte Rätsel nicht lösen konnten.
Die meisten als Sphinx bezeichneten Statuen stellen einen König oder Pharao als Sonnengott, Horus oder auch andere ägyptische Götter dar, andere fungierten in liegender Form als Wächterfiguren vor Tempeleingängen. Einige Sphingen besitzen im Gegensatz zur altägyptischen Urform auch Flügel, insbesondere seit der Übernahme dieses Fabelwesens durch die alten Griechen.

Große Sphinx von Gizeh


Die berühmteste Sphinx ist die 20 Meter hohe und 73,5 Meter lange große Sphinx von Gizeh, die am Westufer des Nils errichtet wurde. Wann und von wem die Sphinx von Gizeh errichtet wurde, ist auch heute noch ein Rätsel. Die gängigste Meinung ist, dass die Sphinx in der 4. Dynastie, ca. 2700–2600 v. Chr., entweder von Pharao Cheops oder dessen Sohn Chephren, gebaut wurde, wobei Cheops favorisiert wird. Diese These stützt sich auf die Erwähnung ihrer Namen auf einer Steinplatte, welche zwischen den Vorderpfoten der Sphinx gefunden wurde. Jedoch sagt die Inschrift nicht, dass einer der beiden auch wirklich der Bauherr der Sphinx war. Einige Archäologen vermuten einen bisher unbekannten Dritten als wahren Bauherren der Sphinx. Thesen, die die Errichtung der Sphinx um einige tausend Jahre etwa in das Jahr 10.500 v. Chr. vordatieren, gelten als geologisch widerlegt.

Sphinx (griechisch)


Die Sphinx (griechisch Σφίγξ „Würgerin“) oder Phix (griechisch Φίξ) der griechischen Mythologie war die Tochter des Ungeheuers Typhon und Echidna und somit Schwester von Hydra, Chimäre, Kerberos und Orthos. Sie galt als Dämon der Zerstörung und des Unheils.

Mythos

Die Sphinx hielt sich auf einem Berg außerhalb von Theben auf und gab den vorbeikommenden Reisenden ein Rätsel auf. Diejenigen, die das Rätsel der Sphinx nicht lösen konnten, wurden von ihr erwürgt und dann verschlungen. Das Rätsel lautete: „Was geht am Morgen auf vier Füßen, am Mittag auf zweien und am Abend auf dreien? - griechisch: τί ἐστιν ὃ μίαν ἔχον φωνὴν τετράπουν καὶ δίπουν καὶ τρίπουν γίνεται“ (deutsch: „Was ist es, das eine Stimme hat und vierbeinig, zweibeinig und dreibeinig wird?“)Ödipus löste das Rätsel, dessen Antwort „der Mensch“ ist: Als Kleinkind krabbelt er auf allen vieren, als Erwachsener geht er auf zwei Beinen und im Alter braucht er einen Stock als drittes Bein. Als Ödipus die richtige Antwort sprach, stürzte sich die Sphinx von ihrem Felsen und starb. Theben war befreit, aber das tragische Schicksal des Ödipus nahm seinen Lauf.

Darstellung

Die Sphinx wurde bei den Griechen als ein geflügelter Löwe mit dem Kopf einer Frau, teilweise auch als Frau mit den Tatzen und Brüsten einer Löwin, einem Schlangenschwanz und Vogelflügeln dargestellt.









Luftfahrt im alten Ägypten

 

 

Bastet


Bastet ist die in der ägyptischen Mythologie als Katzengöttin dargestellte Tochter des Sonnengottes Re.

Darstellung

Bastet wurde in der Frühzeit (in den Pyramidentexten) als Löwin dargestellt, wodurch sie leicht mit Menhit, Sachmet oder Thermutis zu verwechseln ist. Später erfolgte ihre Darstellung als sitzende Katze.

Bedeutung

Bei den Ägyptern wurde sie als Göttin der Fruchtbarkeit verehrt, die oft als Katze oder Frau mit Katzen- oder Löwenkopf dargestellt wird. Als Göttin der Fruchtbarkeit und der Liebe fungiert Bastet auch als Beschützerin der Schwangeren. Sie ist auch Göttin der Freude, des Tanzes, der Musik und der Feste. Ursprünglich besaß sie sowohl zornige als auch sanfte Eigenschaften. Im Laufe der Zeit wurde das wütende Wesen an die Göttin Sachmet abgegeben, die zum Schatten, zur zerstörerischen Seite von Bastet wird.

In Bubastis galt Bastet als Mutter des Löwengottes Mahes und in Heliopolis wurde sie als Tochter des Atum verehrt, anderen Überlieferungen zufolge gilt sie als Tochter von Nefertem. Erwähnung findet sie auch als Mutter des Anubis.

Bastet wurde im Alten Reich mit der Göttin Hathor und zu dieser Zeit in Memphis auch mit der Göttin Sachmet gleichgesetzt. Im Mittleren Reich erfolgte eine Gleichsetzung mit der Göttin Mut.

Kult und Kultorte

Bastet wurde im Alten Reich in Bubastis und Memphis verehrt und breitete sich später über ganz Ägypten aus. Der Bastetkult erreichte schließlich während der griechisch-römischen Zeit im Alten Ägypten einen späten Höhepunkt. Als Kult ist die Opferung von zu diesem Zweck mumifizierten Katzen bekannt. Die Priester der Bastet zogen Katzen auf und boten diese der Bevölkerung zu Opferzwecken an. Kaufte ein Gläubiger eine Katze nach seiner Wahl, wurde diese von einem Priester getötet. Die tote Katze wurde daraufhin durch den Priester dem gleichen traditionellen Prozess der Mumifizierung unterzogen, der auch bei Menschen üblich war. Je nachdem, wie viel der Käufer bezahlte, bekam er von den Priestern entweder eine große Mumie ausgehändigt oder eine kleine. Der Käufer legte die Mumie daraufhin in eine speziell für den Zweck der Katzen-Opferung verwendete Grabkammer.
Wollte der Gläubige der Göttin Bastet besonders gefallen, kaufte er gleich mehrere Katzen auf einmal. Röntgenaufnahmen von Hunderten von Katzenmumien, die in Grabkammern im Tal der Könige gefunden worden sind, haben jedoch ergeben, dass in etwa einem Viertel der Fälle die Mumie entweder völlig leer war oder sich nur einzelne Katzenknochen darin befanden. Ob die Priester willentlich betrogen haben oder ob es sich nur um eine vorübergehende Katzenknappheit gehandelt hat, lässt sich heute nicht mehr ermitteln. Wenn eine Katze in Ägypten starb, rasierten sich die Besitzer nach Herodot die Augenbrauen ab. Die Tötung einer Katze außerhalb des sakralen Bezirks war ein todeswürdiges Kapitalverbrechen, das hart verfolgt wurde.




Mehit


Mehit ist eine Göttin in der ägyptischen Mythologie.

Darstellung

Mehit wurde in der Frühdynastik als ruhende Löwin mit drei oder vier gebogenen Stangen im Rücken dargestellt. Seit dem Neuen Reich wurde sie als löwenköpfige Frau mit Atef-Krone präsentiert.

Belege

Mehit erscheint in der Prä- und Frühdynastik auf zahlreichen Elfenbeinartefakten und Tonsiegeln, meist gemeinsam mit der ikonografischen Darstellung des schilfmattengeschmückten Schreins als Symbol für das ägyptische Königshaus.

Kult und Bedeutung

Als Kultorte sind vorwiegend das östliche Behdet und Thinis bekannt. An beiden Orten wurde Mehit zusammen mit ihrem Gemahl Onuris, dem Stadtgott von Thinis, verehrt. Aber auch in Edfu, Abydos, Sebennytos und im Tempel von Hibis fand die Göttin Verehrung .
Als Gemahlin des Onuris stand sie ihrem Gatten als Kämpferin zur Seite. Dabei wurde sie oft mit der feuerspeienden Uräusschlange, dem Auge des Re, gleichgesetzt. Ihre Bedeutung in der ägyptischen Mythologie ist eng mit den Kultorten verbunden: So erfolgte eine Gleichsetzung mit der Göttin Tefnut, was in Edfu eine Verschmelzung mit den Göttinnen Hathor und Sachmet zur Folge hatte.






Mahes


Mahes, auch Maahes, Miysis oder Miôs ist eine Löwengottheit in der ägyptischen Mythologie.

Name

Miysis oder Miôs ist der griechische Name für den ägyptischen Löwengott Mahes, welcher „wildblickender Löwe“ bedeutet. Das Wort M3Ḥs selbst wird als allgemeine Bezeichnung für Löwe verwendet, aber auch als Name von Löwengöttern.

Darstellung

Mahes wird entweder als Löwe oder als Mensch mit Löwenkopf dargestellt. Auf Abbildungen in Philae oder Dendera erscheint er als Schutzgottheit, die ihn mit einem Messer in den Pranken und einer hinter sich stehenden Lotospflanze zeigen. Als verehrte Form des Sonnengottes trägt er eine Sonnenscheibe oder die Atef-Krone auf seinem Kopf. Häufig finden sich auch Abbildungen, die den Gott als Löwen darstellen, der einen Gefangenen von hinten anfällt und verschlingt.

Bedeutung

Der Löwe galt in Ägypten, wie auch in Mesopotamien, als solares Tier und war anfänglich nur ein gleichnishaftes Bild für den Sonnengott. In Kapitel 62 des Totenbuches heißt es von ihm:
Ich bin der löwenköpfige Gott, ich bin Re.

Es treten aber auch sehr stark die Wesenszüge eines blutdürstigen Raubtieres in den ägyptischen Überlieferungen hervor. Hier ist er „Herr des Gemetzels“ und „freut sich über Blut“.

Eine griechische Urkunde nennt Mahes „der Re, Licht, Feuer, Flamme“ und bezeichnet ihn als den „Blitzenden und Donnernden, den Herrn des Dunkels und der Winde“.

Mahes galt seit dem Neuen Reich als Sohn der Katzengöttin Bastet und dem Sonnengott Re, aber auch der Löwengöttin Sachmet. Mit Bastet und Atum bildet er in Bubastis eine göttliche Triade. In Verbindung und Gleichsetzung mit Horus Hekenu (Horus der Gepriesene) wird Mahes Harmios genannt und als Sohn der Sachmet auch oft mit Nefertem gleichgesetzt.
Bereits aus der Zeit des Mittleren Reiches sind Personennamen bekannt, die Bezug zu einem Löwengott Mahes haben: „Mahes user“ (Mahes ist stark) oder „Mahes hetep“ (Mahes ist zufrieden).

Kultorte

In der Spätzeit sind als Kultorte Bubastis (Kapelle Osorkon II.) und Letopolis bekannt. Hier wurde er als „lebender Löwe“ (M3j ˁnḪ ) verehrt, der nach seinem Tod in dem „heiligen Grabhaus des Löwen“ beigesetzt wurde. Dadurch genoss er einen Kult als „Osiris-Mios“. Weitere Verehrung fand er in Aphroditopolis, Edfu sowie in den Oasen Baharija und Siwa. In ptolemäisch-römischer Zeit wurde er auch in Debod und Dendur verehrt. In Sakkara fand man das Skelett eines Löwen, der möglicherweise die Verkörperung des Mahes gewesen ist











Tefnut



Tefnut (auch Tefnet; weitere Beinamen: „Nubische Katze“, „Wahrheit“) ist eine altägyptische Göttin, die zu den neun Schöpfergottheiten der heliopolitanischen Kosmogonie (Enneade von Heliopolis) gehört. Sie symbolisierte das Feuer. Frühere Annahmen, dass Tefnut die Feuchtigkeit darstelle, wurden in der Ägyptologie zwischenzeitlich verworfen.

Etymologie

In den Pyramidentexten ist für Tefnut im Zusammenhang des Himmelsaufstiegs vom König (Pharao) neben ihrem Namen Die Waise das Epitheton Die Wahrheit belegt. Außerdem sieht sich der König als Osiris, der das Wasser verkörpert:
„Oh Geb, Stier des Himmels, ich bin Horus...Ich bin gegangen und zurückgekehrt, als vierter Gott der vier Götter, der das Wasser gebracht hat. Ich bin gerechtfertigt für das, was ich getan habe. Ich bin Tefen (Waise), der gerichtet hat mit Tefnut, die beiden Wahrheiten, obwohl Zeugen fehlten. Die beiden Wahrheiten haben befohlen, dass die Throne des Geb zu mir zurückkehren, so dass ich mich erheben kann, so wie ich es mir gewünscht habe.“
Pyramidentext 260
In den Sargtexten des Mittleren Reichs wird auf den Beinamen der Tefnut Bezug genommen, wobei das theologische Schöpfungskonzept auf den Pyramidentexten fußt: Da sagte Atum: Tefnut ist meine lebendige Tochter, sie ist zusammen mit ihrem Bruder Schu. „Leben“ ist sein Name, „Wahrheit“ ist ihr Name...„Leben“ schläft mit meiner Tochter „Wahrheit“

Abstammung

Zusammen mit ihrem Bruder, dem Luftgott Schu, war sie die erste, die aus dem Körper der Schöpfergottheit Atum hervorgegangen ist, und somit entstand die Zweigeschlechtlichkeit. Über die Abstammung Tefnuts existiert noch eine weitere Version, in der sie und Schu Kinder der Isis sind und in Chemmis geboren wurden. Im Planetenkapitel des Nutbuches wird die Geburt der Tefnut im Zusammenhang der Geburt von Horus beschrieben:
„Der Jüngling in der Nut, er entfernte sich mit seinen Händen. So wurden seine beiden Hände zu einer Vulva, indem seine beiden Arme um sie herum waren. Atum zu sprechen: „Dieses, was aus meinen Lippen hervorkam, was ich in meine Hand spuckte, die eine Vulva war, das ist dieses. Schu und Tefnut. Ka und Kat“. So streckten Isis und Nephthys ihre Hände dem Horus entgegen, um ihn zu empfangen, als Isis ihn gebar und er aus ihrem Leib hervorkam.“
Nutbuch-Planetenkapitel, Zeilen x+95 bis x+98
Neben der mythologischen Vorstellung, dass Atum die Götter Schu und Tefnut durch Masturbation erzeugte, beschreibt das Nutbuch eine abweichende Schöpfungsversion. Tefnut wird als Kat und somit als Vulva definiert. Das Ausführungen des Nutbuches spielen auf die Pyramidentexte an, wo Atum seine Arme in Form der Hieroglyphe Ka um Schu und Tefnut legt, um beide zu beseelen. Während das Ka in Atum noch zweigeschlechtlich ist, trennt Atum durch diesen Schöpfungsvorgang das Ka in das männliche (Ka) und weibliche (Kat) Prinzip. Die Bezugnahme auf die Geburt des Horus verweist auf Haroeris als kosmischer Horus. Sein linkes Horusauge symbolisiert den Mond und Tefnut; das rechte Horusauge die Sonne und Schu. Bei Atum handelt es sich aufgrund von anderen Aussagen in den Pyramidentexten wahrscheinlich um eine Gleichsetzung mit dem kosmischen Horus als Haroeris, der öfter auch als 10. Gott der Neunheit von Heliopolis benannt ist.

Bedeutung

Schu und Tefnut bildeten das Paar, das die Götter erzeugt hat: sie gelten als Eltern des Erdgottes Geb und der Himmelsgöttin Nut. Überall, wo Tefnut erwähnt wird, geschieht dies zusammen mit Schu, sie sind die Zwillinge schlechthin. Auch wird Tefnut nicht als Löwin, sondern als nubische Katze beschrieben. Wenn aber Zorn sie packt, verwandelt sie sich immer wieder in eine „wilde Löwin“. Tefnut ist die Uräusschlange, die zugleich als Sonnenauge wirkt. Im Mythos Die Heimkehr der Göttin heißt es:
„Der Festjubel ist mit dir fortgezogen, die Trunkenheit verschwand und wurde nicht gefunden. Schlimmer Streit ist in ganz Ägypten. Der Festsaal des Re ist erstarrt, die Trinkhalle des Atum ist bedrückt. Sie alle sind mit dir fortgezogen und haben sich vor Ägypten verborgen. Man ist in Heiterkeit unter den Nubiern.“
Die Heimkehr der Göttin, Demotischer Papyrus
Die ungebändigte Kampfeslust der Löwin entlädt sich nun in ihrer Macht als Stirnschlange des Re. Der Papyrus Harris sagt: „Wenn Re den Himmel jeden Morgen durchfährt, dann ruht Tefnut auf seinem Haupt und sendet ihren Feuerhauch gegen seine Feinde“. Die Doppelseitigkeit ihres Wesens kommt auf einer Inschrift in Philae zum Ausdruck: „Als Sachmet ist sie zornig, als Bastet fröhlich“. Beide, Sachmet, die grimmige Löwin, und Bastet, die heitere Katze, sind in Tefnut vereint. Nach der späteren Verschmelzung der Götter Atum und Re zu „Atum-Re“ wurden Schu und Tefnut damit auch zu Kindern des Re.

Darstellung

Dargestellt wurde Tefnut menschengestaltig mit einem Löwenkopf oder in ihrem Hauptkultort Leontopolis (Löwenstadt) als Löwe. Sie trägt eine Sonnenscheibe auf dem Kopf, die von zwei Schlangen umringt ist. Daher trägt Tefnut auch den Beinamen „Herrin der Schlange“ oder „Stirnschlange am Haupte aller Götter“. In Buto kennt man sie als flamingogestaltiges „Kind des unterägyptischen Königs“, in Elkab erscheint sie in Gestalt eines Geiers.




Sachmet



Sachmet (auch Sechmet) ist eine Göttin der ägyptischen Mythologie in Löwengestalt und die Schwester und dunkle Seite der Katzen- und Fruchtbarkeitsgöttin Bastet.

Bedeutung

Ihr Name bedeutet übersetzt die Mächtige und einer ihrer Beinamen lautet Die Herrin des Zitterns





































den alten Ägyptern war sie die Göttin des Krieges, der Krankheit, aber andererseits auch der Heilung. Man fürchtete sie, da sie dem Glauben nach Konflikte, Epidemien und sogar den Tod bringen konnte. Sie wurde als wild, kriegerisch und furchterregend angesehen. Doch falls die Priester sie mit Gebeten besänftigten, würde sie auch alle Drohungen wieder zurücknehmen.

Als Pendant zu Bastet symbolisierte sie das Zerstörerische und Böse des Charakters einer Katze, aber unter ihrem friedlichen Aspekt wurde sie auch wieder zu ebendieser Katzen- und Liebesgöttin. Sie verkörperte außerdem das Auge des Re und wurde auch mit der gefährlichen Uräusschlange des Königs verbunden. In Memphis galt Sachmet als Gefährtin des Ptah und für die Pharaonen war sie ein Symbol für den eigenen Kampfesmut.

Darstellung

Dargestellt wurde diese Göttin als sitzende oder stehende Frau mit einem Löwenkopf. Seit dem Mittleren Reich trägt sie auf dem Kopf die Sonnenscheibe mit dem Uräus und die Schlange speit Feuer auf alle, die die Göttin bestrafen will. In ihren Händen hält die Göttin meist das Lebenszeichen
(Anch) und das Papyruszepter. Gelegentliche Darstellungen zeigen Sachmet auch mit Widder- oder Kuhhörnern. Es gibt aber auch Abbildungen, auf denen sie anstelle des Kopfes den Körper eines Krokodils oder das Auge des Re trägt und wie Min mit erhobenem Arm ein Messer hält


Oft ist sie in ihrer Darstellung nicht von Bastet oder Schesemtet zu unterscheiden, sondern nur durch die hieroglyphischen Beischriften.

Kult und Kultorte

Verehrt wurde Sachmet in Memphis, Letopolis, Bubastis, Karnak, Esna und allen großen Tempeln in Nubien. In Memphis bildete sie zusammen mit ihrem Gemahl Ptah und dem Sohn Nefertem seit dem Neuen Reich eine Dreiheit.

Amenophis III. ließ im Mut-Tempel von Karnak etwa 700 Statuen der Sachmet aufstellen, wo beide Gottheiten in ihrer Verschmelzung zu Mut-Sachmet löwenköpfig dargestellt werden.
Nach Ansicht einiger Forscher dienten die Statuen dem Kult der Göttin im Jahresverlauf: Vor jeder Statue wurden an den einzelnen Tagen des Jahres zur Besänftigung der Göttin Gebete gesprochen; für jeden Tag war dabei mindestens ein Gebet vorgesehen.

Andere Forscher sind der Meinung, dass dieser Tempel zur Abwehr einer großen Gefahr diente und vermuten dahinter die Pest. Als Beweise für diese Annahme dienen ihnen damals im Lande hastig verscharrte Tote und Pestgebete der Nachbarvölker, in denen kranke Ägypter beschrieben werden.
Zehn dieser Statuen befinden sich heute im Louvre in Paris. Aber auch in seinem Totentempel in Theben-West, von dem heute nur noch die Memnonskolosse erhalten sind, wurde Sachmet verehrt.

In der ägyptischen Mythologie

In der ägyptischen Mythologie ist sie die Tochter des Re, die Gemahlin Ptahs und die Mutter des Lotusgottes Nefertem.
Im "Mythos von der Vernichtung der Menschheit" soll Sachmet als Auge des Sonnengottes Re die Menschen bestrafen, die sich gegen Re erhoben haben. Sachmet verschlingt so viele Menschen, dass Re befürchtet, sie werde noch alle töten. Er ruft sie zurück, doch Sachmet bleibt auf der Erde.
Da greift Re zu einer List: Er lässt mit roter Farbe vermischtes Bier auf den Boden gießen, das Sachmet für Blut hält und gierig trinkt. Betrunken kehrt sie zu Re zurück und findet anschließend wieder ihre innere Ruhe.



Wadjet



Wadjet, auch Wadjit, Uto, Edjo oder Buto, war eine altägyptische Schlangengöttin des Deltagebietes, deren Hauptkultstätte Buto war.

Bedeutung

Sie gilt als Landesgöttin von Unterägypten und ist zusammen mit Nechbet, der Landesgöttin von Oberägypten, die Schutzgöttin des Königs (Pharao). Im Nebtinamen (Herrinnen-Name) der ägyptischen Könige symbolisieren beide Schutzgöttinnen die vereinten Länder. Wadjet soll eine „himmlische Schlange“ sein, die „die Nahrung des ewigen Lebens“ spendet.
Die Transkription des Wortes Papyrus ist identisch mit der von Wadjet, was die Verbindung zu Unterägypten stärken soll. Laut einem Pyramidentext ging die Papyruspflanze aus dieser Göttin hervor, wodurch der Papyrus mit dem nördlichen Teil von Ägypten in Verbindung gebracht wird. Ihr Name bedeutet auch die „Grüne“, weswegen Wadjet auch als „Bringerin der grünen Vegetation“ galt.

Darstellung

Wadjet wird meist als aufgerichtete Kobra oder als Frauengestalt mit der Krone Unterägyptens abgebildet. In Hibis finden sich unterschiedliche Abbildungen der Göttin, die hier als Schlange mit einem Löwenkopf und als stehende Frau mit Geierhaube dargestellt ist.
Wadjet wurde außerdem mit der feuerspeienden Uräusschlange gleichgesetzt, dem ägyptischen Herrschaftssymbol an der Stirn des Pharao, die ihn vor seinen Feinden schützen sollte. Damit wurde sie auch zum Auge des Re.
In der Spätzeit erschienen auch Darstellungen als thronende Frau mit Löwenkopf, die teilweise mit ihrem Symbol, der Stirnschlange geschmückt war. Durch die solare Verbindung kann Wadjet in der Darstellung zudem noch mit Löwenkopf und aufgesetzter Sonnenscheibe erscheinen. In Dendera findet sich eine Abbildung von Wadjet und Nechbet, die beide Göttinnen auf einer Papyruspflanze sitzend zeigt.

In der griechischen Mythologie

Hier erfolgte eine Gleichsetzung von Uto mit der Göttin Leto.







 

Schu

Schu (Beiname: „Leben“) ist eine Gottheit aus der ägyptischen Mythologie.

Bedeutung

Bei den alten Ägyptern war dieser Gott der Herrscher der Luft, Brudergemahl der Tefnut und Vater der Nut - Göttin des Himmels - und Geb - Gott der Erde. In Tiergestalt wurde er auch als Löwe symbolisiert - oder, wenn in menschlicher Gestalt dargestellt, mit einer Straußenfeder auf dem Kopf.
Das ägyptische Weltbild zur Zeit der Pharaonen betrachtete die Welt als von allen Seiten mit Wasser umgeben. Schus Aufgabe bestand darin über der Erde einen Raum aufzuspannen, der Leben ermöglicht. In alten Abbildungen wird er dargestellt, wie er mit Händen und Füßen von oben auf Geb gestützt, mit seinem Rücken den Himmelsozean nach oben drückt.
In Unternubien tritt er in Verbindung mit dem Gott Arensnuphis auf.


N37 H6 G43

Schu
Šw


P5 G43 G43 A40

Tjau
Ṯ3w
Der Wind / Die (Atem)luft


V28 N5 V28

Neheh
Nḥḥ
Die Ewigkeit
(Die Zeit, in der Re nicht in der Duat verweilt)








 Uräusschlange (Symbol)




Der altgriechische Begriff οὐραῖος (ouraĩos), in Umschrift: Uraios, latinisiert: Uraeus, geht vermutlich auf das altägyptische „Iaret (Uaret)“ zurück, was im Allgemeinen mit „die sich Aufbäumende“ übersetzt wird. Im Alten Ägypten gilt diese goldene, in Form einer sich aufreckenden, blähenden und Gift sprühenden Kobra dargestellte Stirnschlange Göttern wie Königen (Pharaonen) als apotropäisches Schutzsymbol, indem Uräus mit dem Gluthauch seines Feueratems die Feinde seines Trägers abwehrt. In gleicher Eigenschaft wird das Symbol, zumeist in Form von Uräenfriesen, mindestens seit der 3. Dynastie auch zum Schutz von Bauwerken an deren Fassaden und insbesondere über Eingängen angebracht (wie zum Beispiel im Tempel von Abu Simbel und dem Tempelhaus von Kom Ombo).

Mythologie

Der ägyptische Sonnengott Re hatte einst eines seiner Augen mit einem Auftrag ausgesandt. Als dieses nach Erledigung zurückkehrte, fand es seinen Platz durch ein nachgewachsenes Auge besetzt. Re ersann die versöhnliche Lösung, das nun ledige dritte Sonnenauge als Uräus an seine Stirn zu erheben. Einem anderen Mythos zufolge hatte sich die unterägyptische Schlangengöttin Wadjet in Gestalt des Uräus auf das Haupt des Königs niedergelassen. Auch die in This verehrte löwengestaltige Göttin Mehit wurde gelegentlich mit dem Feuer speienden Uräus als dem Auge des Re identifiziert.

Ursprung und Entwicklung

Wolfhart Westendorf verweist auf die frühe Rolle der Uräusschlange, die als Wegbereiter der Sonne galt. Sie war das Transportmittel der Sonnenscheibe, die sie am Tag an den Himmel hob, weiterbewegte und in der Nacht in die Duat sinken ließ, um sie am nächsten Morgen erneut emporsteigen zu lassen. Insbesondere an den Ein- und Ausgangstoren der Duat fungierte sie als Schutzwesen gegen die Feinde des Sonnengottes.

Im prädynastischen Königtum von Buto wurde die Uräusschlange als die bedeutendste der schlangengestaltigen Gottheiten als Wadjet (auch: Uto) verehrt, als deren heiliges Tier der Uräus später gilt. Andererseits ist vereinzelt auch die Meinung anzutreffen, das Abzeichen versinnbildliche eine Stirnlocke, wie sie einst bei altlibyschen Stämmen in Mode war. In ähnlicher Weise will Helck im Uräus eines der Rudimente prähistorischer Jägertracht sehen, aus der sich die Machtinsignien des Königs entwickelt hätten – im Falle des Uräus sei die Haarlocke der vorgeschichtlichen Jäger zu der tierischen Gestalt einer Schlange mutiert.

Für das Alte Reich sind Uräus-Diademe nachweisbar. Diese werden vornehmlich dem Sonnengott und den königlichen Göttern Horus und Seth sowie schließlich auch dem König zugewiesen. Erst seit dem Mittleren Reich ist die sich aufrichtende Blähkobra als an der Krone zu tragende Stirnschlange verbürgt.

Bedeutungen im alten Ägypten

Wegen seiner mythologischen Bedeutung als das Feuer speiende Auge des Sonnengottes verkörpert der Uräus zugleich auch das Feuer selbst. Die daraus erwachsende Magie und Mächtigkeit machte das Reptil wie geschaffen dafür, den Schutz der Götter wie der Könige zu gewähren, indem es mit dem ihm zugeschriebenen Feueratem die Feinde abwehrt. Somit wurde der Uräus neben Geißel, Krummstab und Was-Zepter dem König zu einer wirksamen Insignie seiner irdischen Gottesmacht, welche Feindliches, Böses oder Unreines von seiner geheiligten Person fern hält. Insofern ist sie in allererster Linie Beschützerin des Pharao und der betreffenden Götter. Hingegen gilt die Uräusschlange selbst unbefugten Göttern als gefährlich, ja geradezu als feindlich, zumal sie jedem Missbrauch ihres Wesens furchtbar zu begegnen weiß.










Heißluftballon

Der Heißluftballon ist ein Luftfahrzeug nach dem archimedischen Prinzip „leichter als Luft“. Im Gegensatz zum Gasballon wird die Verringerung des Gewichts dadurch erreicht, dass ein großes Luftvolumen erwärmt wird. Dadurch reduziert sich dessen spezifisches Gewicht. Der Gewichtsverlust des erwärmten Luftvolumens entspricht dem Gewicht des Ballons (Gesamtgewicht aus Hülle, Korb und Nutzlast).

Geschichte

Der Heißluftballon ist, abgesehen vom Fesseldrachen, das älteste Luftfahrzeug des Menschen. Er wurde nach heutigem Wissen von den Brüdern Joseph Michel und Jacques Etienne Montgolfier erfunden. Allerdings gab es schon in China kleine, unbemannte Heißluftballons, die sogenannten Kong-Ming-Laternen. Aus der Beobachtung, dass Rauch nach oben steigt, schlossen die Brüder Montgolfier, dass dieser, in einem leichten Behälter verpackt, den gesamten Behälter nach oben ziehen müsse. Dabei gingen sie irrtümlich davon aus, ein neues, leichtes Gas entdeckt zu haben.
Die erste Ballonfahrt fand am 4. oder 5. Juni 1783 statt, Menschen waren nicht an Bord. Die zweite Fahrt fand am 19. September in Versailles statt. Weil man der Sache aber noch nicht richtig traute, und auch noch nichts über das „Luftmeer“ wusste, zog man es vor, statt Menschen drei Tiere, nämlich einen Hahn, eine Ente und einen Hammel zu befördern.
Die ersten Ballonfahrer in der Menschheitsgeschichte waren Jean-François Pilâtre de Rozier und der Gardeoffizier François d’Arlandes, die am 21. November 1783 aus dem Garten des Schlosses La Muette bei Paris mit einem Heißluftballon aufstiegen. Die erste bekannte Ballonfahrt außerhalb Frankreichs wurde von Don Paolo Andreani und den Brüdern Agostino und Carlo Gerli am 25. Februar 1784 in der Nähe von Mailand unternommen.
Am 16. September 1979 gelang den thüringischen Familien Strelzyk und Wetzel mit einem selbst gebauten Heißluftballon die spektakuläre „Ballonflucht“ aus der DDR nach Bayern.
Heißluftballons wurden nach ihren Erfindern auch Montgolfièren genannt.
Eine Fahrt bis in eine Höhe von 69.852 Fuß (21.291 Meter) gelang am 26. November 2005 dem indischen Millionär Vijaypat Singhania. Sein Start erfolgte in Mumbai, Landeort war die Stadt Sinnar im Bundesstaat Maharashtra.

Physik

Unter Normalbedingungen besitzt ein Kubikmeter Luft eine Masse von etwa 1,3 kg. Bei konstantem Druck sinkt die Dichte von Gasen mit steigender Temperatur nach dem Gesetz von Gay-Lussac. Durch den Dichteunterschied der kälteren äußeren Luft und der wärmeren Luft im Ballon entsteht so eine Auftriebskraft. Diese wirkt der Schwerkraft (dem Gewicht) des Heißluftballons entgegen. Das Gewicht des Heißluftballons setzt sich zusammen aus dem Gewicht der Ballonhülle plus dem Gewicht der ihm angehängten Nutzlast (Korb mit Brenner, Gasbehältern und Insassen).
Für eine erste grobe Abschätzung der Tragkraft eines Ballons kann dieser als Kugel betrachtet werden. Da das Volumen einer Kugel (und damit der Auftrieb des Ballons) mit der dritten, die Oberfläche (und damit das Gewicht der Hülle) aber nur mit der zweiten Potenz des Durchmessers zunimmt, kann ein größerer Ballon eine größere Nutzlast tragen. Verfeinerte Betrachtungen beziehen die Umstände mit ein, dass mit steigendem Ballondurchmesser schwerere Brenner und festere Hüllen benötigt werden.
Gängige Größen sind 3000–5000 Kubikmeter. Die Temperatur im Innern eines Heißluftballons beträgt während einer Ballonfahrt ca. 90 °C. Da der Auftrieb mit zunehmendem Dichteunterschied der inneren Luft zur Umgebungsluft wächst, hat ein Heißluftballon bei kaltem Wetter eine größere Tragkraft. Maßgeblichen Einfluss hat auch Sonnenbestrahlung der Hülle - sie erwärmt die Luft im Inneren zusätzlich und bewirkt außen eine lokale Thermik.
Siehe auch weiter unten Ballonwetter.

Steuerung

Es ist nicht möglich, einen Ballon direkt zu steuern. Um auf die Fahrtrichtung und -geschwindigkeit Einfluss zu nehmen, werden die sich in unterschiedlichen Höhen voneinander unterscheidenden Windrichtungen und -geschwindigkeiten ausgenutzt. Durch gezieltes Steigen oder Sinken können Winde so ausgenutzt werden, um sich einem gewünschten Ziel zu nähern.
Durch Betätigung des Brenners wird die Luft in der Hülle erwärmt, wodurch der Ballon steigt. Durch langsames Abkühlen der Luft beginnt der Ballon wieder zu sinken. Ein rasches Sinken des Ballons kann durch das Öffnen des sogenannten „Parachutes“ erfolgen. Der Parachute ist aus demselben Material wie die Hülle und befindet sich an der Spitze des Ballons. Während des Aufrüstens wird der Parachute durch Klettverschlüsse mit der umgebenden Hülle verbunden und geschlossen. Während der Fahrt bleibt der Parachute durch den Druck der aufsteigenden warmen Luft geschlossen. Durch Ziehen an einem Seil kann der Pilot den Parachute öffnen. Dadurch kann warme Luft schnell aus der Hülle entweichen. Durch Loslassen der Leine wird der Parachute wieder durch die warme Luft geschlossen.
Mittels tangentialem Luftaustritt durch Steuerdüsen, nahe dem Ballonäquator, welche auch „Ohren“ genannt werden, kann ein Ballon um seine Hochachse gedreht werden, etwa, um den Korb zur Landung günstig auszurichten.













Sonnenwagen


Als Sonnenwagen oder Sonnenschiff wird in der frühen Mythologie die scheinbare tägliche Sonnenlauf von Ost nach West und der seinerzeit noch vollkommen unklare Rückweg dargestellt. Je nach dem Konzept der Kosmologie steuert der Sonnengott etwa einen Wagen oder ein Schiff (auch andere Transportmittel sind überliefert) und ist Verehrungsobjekt eines Sonnenkults. Kennzeichnend in Darstellungen ist die Sonnenscheibe.

Griechisch/römischer Mythenkreis

Den Sonnenwagen fährt die altgriechische Sonnengottheit Helios Ἥλιος , ebenso der römische Apoll (lateinisch Solis currus ‚Sonnenwagen, Sonnenlauf‘). Gezogen wird der Wagen von vier Feuerrössern. Überliefert ist auch der Mythos von der Wagenfahrt seines Sohnes Phaethon Φαέθων damit, wo er die Bahn verlässt und die Erde verbrennt, bis er von Zeus in den Eridanus gestürzt wird. Bei Hesiod ist Phaeton aber der Morgenstern (Planet Venus), was Zusammenhänge mit jeweiligen Kalendersystemen vermuten lässt.

Germanische und keltische Mythen

Auch in der germanischen Mythologie findet sich der Sonnenwagen, nachgewiesen etwa im bronzezeitlichen Sonnenwagen von Trundholm. Ob der Kultwagen von Peckatel und der keltisch angenommene Kultwagen von Strettweg, beide mit Kessel, als Sonnenwagen gedeutet werden können, ist unsicher.
Auch die Namen der Sternbilder Großer und Kleiner Wagen (heute: Bär) werden in diesem Zusammenhang interpretiert, als Zirkumpolarsternbilder zeigen sie dem frühen Sterndeuter die Sonnenbahn.

Altes Ägypten

Die Sonnenbarke der ägyptischen Mythologie ist die himmlische Königssbarke des Re/Ra
C2
,
C1
oder
N5
, dargestellt in zahlreichen Sonnenheiligtümern: Re steigt jeden Abend von der Sonnen- in die Nachtbarke um, mit der er durch die unterweltlichen Wässer wieder zum Aufgangsort fährt. Auch Hathor
C9
, Trägerin der Sonnenscheibe, oft in Gestalt der Kuh, soll im Sonnenschiff unterwegs gewesen sein.

Palästina

Im Jerusalem der Könige (Buch Könige 2, 2211) befand sich laut Tanach ein Sonnenwagen am Eingang zum Verwaltungsdistrikt der Davidsstadt. Laut Schilderung der Bibel wurde dieser Sonnenwagen 622 vc im Zuge der Glaubensrestitution des Josia zerstört.

Chinesische Mythologie

In der chinesische Mythologie ist es Xi He chinesisch 羲和 xīhé, die den Sonnenwagen fährt, Mondgöttin ist die Chang E 嫦娥 cháng'é. Früher hatte Xi He für jeden Tag einer zehntägige Periode einzelne Sonnen geboren, dreifüßige Vögel namens 陽烏 yángwū oder 金烏 jīnwū, aber Houyi 后羿, der Bogenschütze, hatte sie erschossen, weil sie sich versammelten, und die Erde zu verbrennen drohten (es gibt auch einer Version, in der er die zehnte Sonne am Leben ließ, und ihr befahl, regelmäßig auf- und unterzugehen). Diese Legende wird als Nachklang des Versagens eines frühen Kalendersystems und dessen Reform interpretiert.




Barke


Unter dem Begriff Barke (altägyptisch bik-wia) versteht man ein mastloses Boot. Im weiteren Sinn wird das Wort überhaupt für alle kleineren Wasserfahrzeuge benutzt.

Die Barke im Alten Ägypten


Im Alten Ägypten spielten Barken für die Nilschifffahrt eine große Rolle und besaßen auch kultische und kulturelle Bedeutung. Die Königsbarke war in der Frühzeit mit einem einfachen Richtpfahl ausgestattet, den der König nach Einführung des Re-Kultes durch den „Pfahl des Weltherrschers Re“ ersetzte. Beispielsweise besaß das vierzig Meter lange Königsschiff des Cheops eine Goldummantelung und diente als „großes Haus der Rechtsprechung“.

Im Rahmen der Festlichkeiten des Horusgeleits fuhr der König mit seiner Königsbarke mehrere Haltepunkte am Nilufer an. Zu diesem Zweck repräsentierte die Königsbarke als Gottessymbol den König selbst. Nach Einführung des Re-Kultes in der 5. Dynastie fuhr der Sonnengott nach dem Glauben der Ägypter tagsüber mit einer Sonnenbarke über den Himmelsbogen und durchquerte nachts das Wasser der Unterwelt.

Verstorbene Würdenträger wurden in feierlichen Prozessionen auf Barken über den Fluss zu ihrer Grabstelle transportiert, und für den gefahrvollen Weg durch die Unterwelt wurden Barkenmodelle mitgegeben.







Glühbirnen von Dendera




Glühbirnen von Dendera oder auch Glühlampen von Dendera ist die populäre Bezeichnung für Darstellungen von ungewöhnlichen Gegenständen auf einigen Reliefs im Hathortempel von Dendera. Der Tempel wurde im Mittleren Reich gegründet. Die Reliefs werden von Ägyptologen in die Regierungszeit von König (Pharao) Ptolemaios XII. Neos Dionysos (um 30 v. Chr.) datiert.

Parawissenschaftlichen Autoren wie Peter Krassa, Reinhard Habeck, Erdoğan Ercivan oder Erich von Däniken zufolge stellen die abgebildeten Objekte frühe, ägyptische Glühlampen dar. Die Reliefs werden von religiösen Texten begleitet, deren Hieroglyphendarstellungen und Schreibungen angeblich nicht den herkömmlichen entsprechen. Die Reliefs sollen gemäß der Prä-Astronautik beweisen, dass die Alten Ägypter Technologien kannten und nutzten, die denen von heute entwicklungstechnisch nahekommen. Außerdem sollen in den Darstellungen und Texten Hinweise versteckt sein, wonach die ägyptischen Götter als Außerirdische die Ägypter besucht und ihnen den Umgang mit hochentwickelter Waffentechnologie beigebracht hätten.

Der Ägyptologie hingegen zufolge zeigen die Dendera-Reliefs den allmorgendlichen Aufgang der Sonne in allegorischer Form, wie sie etwa seit dem Neuen Reich traditionell überliefert ist. Die begleitenden Texte enthalten Sprüche und Phrasen, welche die rein religiös-kultischen Aussagen der Bilder untermauern. Die Wandbilder zeigen demnach den ägyptischen Gott Harsomtus in Gestalt einer Schlange am Morgenhimmel, der aus der Unterwelt in Form des Mutterleibs der Himmelsgöttin Nut emporsteigt. Harsomtus und Unterwelt treten gemeinsam aus einer sich öffnenden Lotosblüte hervor. Begleitet wird Harsomtus von verschiedenen Luftgottheiten, beschützt wird er von Upu in Gestalt eines messerbewehrten, aufrecht stehenden Pavians. Die vermeintlich unkonventionellen Hieroglyphen wurden 1991 von Wolfgang Waitkus übersetzt und die einzelnen Bildkomponenten der Reliefdarstellungen ihren Funktionen und Götterfiguren zugeordnet.

Inhalt

Bilder

Die Reliefs zeigen anthropomorphe Götter, die vor oder hinter großen, kolbenförmigen Kultgegenständen positioniert sind. Die besagten Objekte entspringen einer Lotosblüte, sind leicht birnenförmig und schräg aufrecht stehend dargestellt. In ihrem Inneren befindet sich eine Schlange, die mal nach vorn, mal nach hinten blickt. Gestützt werden die Objekte meist von Djed-Pfeilern, die mit Armen versehen sind und in manchen Abbildungen den Kolben selbst stützen, bei anderen Darstellungen sogar hineinreichen und die Schlange tragen. Unter den Gegenständen hocken je ein bis drei wesentlich kleiner dargestellte Figuren, diese blicken entweder geschlossen in eine bestimmte Richtung oder schauen einander an. Zwei der Reliefs zeigen einen aufrecht stehenden Pavian mit Messern in den Händen, welcher sich den Objekten zugewandt hat. Das gesamte Arrangement ruht auf einer Papyrusbarke. In der Ägyptologie werden diese Gegenstände als „ungewöhnliche Kultgegenstände“ bzw. „blasenförmige Behälter“ oder als „Hen-Gefäße“ bezeichnet.






















Tutanchamun



Tutanchamun (auch Tutenchamun; ursprünglich Tutanchaton) war ein altägyptischer König (Pharao) der 18. Dynastie (Neues Reich), der etwa von 1332 bis 1323 v. Chr. regierte. Bekannt wurde er, als Howard Carter 1922 sein nahezu ungeplündertes Grab (KV62) im Tal der Könige entdeckte.




















Luftfahrt im antiken Griechenland



Athene




Athena oder Athene ist eine Göttin der griechischen Mythologie. Sie ist die Göttin der Weisheit, der Strategie und des Kampfes, der Kunst, des Handwerks und der Handarbeit sowie Schutzgöttin und Namensgeberin der griechischen Stadt Athen. Ihr entspricht die römische Göttin Minerva.

Zum Namen

Namensformen

Der Name der Göttin ist
  • Mykenisches Griechisch: a-ta-na
  • Altgriechisch:
    • Attisch: Ἀθηνᾶ Athēnā oder Ἀθηναία Athēnaia
    • Episches Griechisch: Ἀθηναίη Athēnaiē
    • Ionisch: Ἀθήνη Athēnē
    • Dorisch: Ἀθάνα Athānā
  • Neugriechisch: Αθηνά Athiná
  • Lateinisch: Athena
  • Deutsch: Athena oder Athene

Herkunft und Bedeutung

Der Name Athena ist vorgriechisch und wahrscheinlich nicht indoeuropäischen Ursprungs.
Die Bedeutung ist unklar. Ein aus Knossos stammendes Tontäfelchen mit Linearschrift B aus mykenischer Zeit nach 1500 v. Chr. nennt a-ta-na-po-ti-ni-ja, wobei es sich bei a-ta-na um ein Theonym oder ein Toponym handeln könnte. Der Wortbestandteil po-ti-ni-ja wird mit dem altgriechischen πότνια (potnia) identifiziert und bedeutet „Herrin“, „Gebieterin“ oder „Beherrscherin“. Das Wort a-ta-na-po-ti-ni-ja wurde lange Zeit als „Herrin Atana“ übersetzt und es wurde angenommen, dass „Atana“ eine weit verbreitete Burggöttin war. Eine neuere Übersetzung ist „Mädchen aus Athen“, was bedeuten würde, dass Athen der Herkunftsort der Göttin ist und sie schon in dieser Zeit eng mit der Stadt verbunden war.

Beinamen

Bekannte Beinamen der Athena im Griechischen sind:
  • Παλλὰς Ἀθηνᾶ  Pallás Athēnā (Pallas war der Name der mythischen Pallas, Tochter ihres Ziehvaters Triton)
  • Παρθένος  Parthénos – „die Jungfrau“
  • Πρόμαχος  Prómachos – „die Vorauskämpfende“, „die in vorderster Linie Kämpfende“, „die Verteidigerin“
  • Γλαυκῶπις Ἀθηνᾶ  Glaukōpis Athēnā – „die eulenäugige Athena“, „die „helläugige Athena“
  • Αρεία  Areía (als Verteidigerin des Orestes)
  • Ἀθηνᾶ Εργάνη  Athēnā Ergánē (als Schutzpatronin der Handwerker und Künstler)
  • Ἀτρυτώνη  Atrytōne – „die Unermüdliche“, „die Unüberwindliche“
  • Πολιάς  Poliás – „die Stadtgöttin“
  • Πατροίη  Patroiē – „die Beschützerin“

Schutzgöttin und Weggefährtin

Athena ist Schutzgöttin und Namensgeberin Athens. Sie gilt als Göttin der Städte, der Weisheit und des Kampfes, so auch der Kriegstaktik und der Strategie; sie fungierte als Palast- und Schutzgöttin der mykenischen Herrscher. Athena war Schirmherrin der Künste und der Wissenschaften; als Hüterin des Wissens beschützte sie auch Spinner, Weber und andere Handwerker.
In den zwei größten Epen Griechenlands, der Ilias und der Odyssee von Homer, ist Athena die Schutzgöttin des Odysseus. Im Trojanischen Krieg „kämpft“ Athena auf Seiten der Griechen. Anschließend begleitet sie Odysseus bei seinen gefahrvollen Abenteuern.
Athena führt Perseus bei der Enthauptung der Medusa.

Familie

 
Athena war eine Tochter des Zeus und der Metis. Zeus hatte die von ihm mit zwei Kindern schwangere Metis verschlungen, da prophezeit worden war, eine Tochter sei Zeus ebenbürtig, ein Sohn werde ihn jedoch stürzen. Als er danach unter großen Kopfschmerzen litt, zerschlug Hephaistos auf Zeus' Befehl hin dessen Haupt (was er als Göttervater überstand). Daraus entsprang in voller Rüstung Athena. Sie wurde daher als eine Verkörperung des Geistes (da aus dem Kopf des Zeus = Kopfgeburt; siehe Namensherleitung) und damit der Weisheit und Intelligenz angesehen. Der Bruder der Athena blieb in Metis (beziehungsweise in Zeus) ungeboren und unbenannt. Die Hephaistos-Episode ist nicht in allen Versionen vorhanden.

In einer besonderen Version des Mythos entsprang Athena in Rüstung dem Mund des Zeus und zwang ihn, ihre verschlungenen Geschwister freizugeben. Als Schutzgöttin der Stadt Athen wurde sie daher auch oft in voller Kriegsrüstung dargestellt.

Ihr Ziehvater war der Meeresgott Triton, mit dessen Tochter Pallas sie aufwuchs. Athena tötete diese versehentlich während eines Kampfspiels mit Wurfspeeren. Zum Andenken schuf Athena eine Statue, das Palladion, und übernahm den Namen der Getöteten: Παλλὰς ἈθηνᾶPallas Athēnâ.

Charakterisierung

Wie viele griechische Gottheiten war Athena überaus leicht zu kränken: So verwandelte sie Arachne, die behauptete, die Göttin in der Webkunst zu übertreffen, in eine Spinne.

Sie ging niemals eine Liebesbeziehung ein, daher auch der Beiname Parthenos „die Jungfräuliche“ (vergleiche auch Artemis). Doch hauchte sie auf Bitten ihres Freundes, des Titanen Prometheus, den Menschen Wissen und Weisheit ein.

Nach der Legende buhlten Poseidon und Athena um die Schirmherrschaft einer Stadt. So hielten sie einen Wettstreit ab: Wer der Stadt das nützlichere Geschenk mache, habe gewonnen. Poseidon gab einen Brunnen (oder auch eine Quelle), der jedoch nur Salzwasser spendete; Athenas Gabe war der Olivenbaum und damit dessen Holz und Früchte. So wurde Athena die Schutzgöttin der Stadt, die seitdem ihren Namen trägt: Ἀθῆναι – Athen.

Ihr Heiligtum war der Parthenon, die Statue der Athena Promachos (πρόμαχος promachos = die Vor- oder Vorauskämpfende), welche sie in voller Rüstung zeigt, war ihr größtes Standbild auf der Akropolis.

Athena und die Eule

Laut Homer ist Athena γλαυκῶπις glaukōpis, was meistens mit „eulenäugig“ übersetzt wird (γλαῦξ „Eule“, ὤψ „Auge“). Für das Attribut glaukōpis gibt es mehrere Deutungen.
  • „Eulenäugig“ bedeutet möglicherweise, dass sie scharf und im Dunkeln sehen konnte.
  • Nach einer anderen Interpretation sind mit den „Eulenaugen“ große Augen gemeint (vgl. die großen Augen der Eule auf der abgebildeten Münze). Große Augen galten in der Antike als Schönheitsideal. In ähnlicher Weise gibt es für Hera den Beinamen „die Kuhäugige“, der nicht herabwürdigend, sondern ebenfalls als Verweis auf große Augen zu verstehen ist.
  • Eine andere Deutung leitet glaukōpis von glaukós „hell, leuchtend, glänzend“ ab. Demnach könnte Homer die Eigenschaft „helläugig“ gemeint haben. Im alten Griechenland gab es, wie auch heute noch, sowohl helläugige als auch dunkeläugige Menschen.
Ein Argument lautet: Wenn Homer auf große Augen hinweisen wollte, hätte er Athene wenigstens ab und zu auch „kuhäugig“ nennen können – genau wie Hera. So nennt er aber immer nur Hera und nie Athene. Die Frage ist also, warum Homer für die beiden Göttinnen verschiedene Attribute verwendet hat, wenn die Bedeutung jeweils nur „großäugig“ gewesen sein soll. Diese Überlegung stützt die alternativen Deutungen „scharfsichtig“ und „helläugig“.

Jedenfalls war die Eule Athena symbolisch zugeordnet und erschien auch auf den athenischen Münzen – daher die seit der Antike bekannte Redensart Eulen nach Athen tragen für „etwas Überflüssiges tun“. Auch heute ist ein Teil dieser athenischen Münze auf der griechischen 1-Euro-Münze zu sehen.

Als Sinnbild der Athena und als Vogel der Weisheit galt insbesondere der Steinkauz. Sein wissenschaftlicher Name ist Athene noctua, „nächtliche Athene“.





Athena Parthenos: kleine römische Nachbildung (3. Jh. v. Chr.) der antiken chryselephantinen Kolossalstatue des Bildhauers Phidias für den Parthenon auf der Athener Akropolis (Archäologisches Nationalmuseum, Athen)


Minerva


Minerva (etruskisch: menvra) ist eine römische Göttin, die insbesondere von den Sabinern, Etruskern und Latinern verehrt wurde.

Im Römischen Reich wurde Minerva als Beschützerin der Handwerker und des Gewerbes betrachtet. Im Laufe der Zeit wurde sie mit der griechischen Göttin Athene gleichgesetzt und wurde so auch Schutzgöttin der Dichter und Lehrer. Minerva war die Göttin der Weisheit, der taktischen Kriegsführung, der Kunst und des Schiffbaus sowie Hüterin des Wissens. Das Hauptfest der Minerva, die Quinquatrus (19. März, später vom 19. März bis 23. März), wurde besonders als Handwerkerfest von Zünften und Innungen begangen. Im 18. Jahrhundert hielt man aufgrund der Elemente dieses Festes und mancher anderer Hinweise die Minerva-Feierlichkeiten für Vorläufer der Gregorius-Umzüge.
Später sind die Ideen des griechischen Athenekultes in das Bild der Minerva eingearbeitet worden. Seit Augustus hat man sie als die siegverleihende oder die Geschicke des Staates lenkende Göttin verehrt.

In Rom wurde Minerva neben Jupiter und Juno als eine der drei Stadtgottheiten auf dem Kapitol verehrt. Ihr Tempel stand einst in der Mitte des Aventinhügels. Heute sind jedoch keinerlei Reste davon erhalten. Ein zweiter Tempel befand sich – ebenfalls seit republikanischer Zeit – auf dem Esquilin. Dieser war der Minerva Medica geweiht, die die Schutzgöttin der Ärzte darstellte. Ein dritter Tempel befand sich auf dem Caelius. Dieser wurde „Tempel der Minerva Capta“ benannt, da das Kultbild 241 v. Chr. von den Römern aus dem eroberten Falerii geraubt worden war.
Die Minerva ist das Emblem der Max-Planck-Gesellschaft und war auch Signet der Vorgängerorganisation, der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Sie ist ebenfalls auf dem kalifornischen Siegel zu finden.


Nike (Siegesgöttin)

Nike (griechisch Νίκη oder Νίκα, Sieg) ist eine Siegesgöttin aus der griechischen Mythologie. Ihre römische Entsprechung ist die Victoria. Zentrum ihres Kultes in Athen war die Akropolis.

Abstammung

Bei Hesiod und in der Bibliotheke des Apollodor  ist Nike die Tochter der Styx und des Pallas, ihre Geschwister sind Bia, Zelos und Kratos. Gemeinsam halfen sie Zeus im Kampf gegen die Titanen. In einem orphischen Hymnus wird Ares als ihr Vater genannt. Hyginus nennt als Eltern der Victoria ebenfalls Styx und Pallas, ihre Geschwister sind Scylla, Vis, Invidia, Potestas, Fontes und Lacus


 
                                                   Nike von Samothrake, im Louvre, Paris


Aiolos (Mythologie)


Aiolos (griechisch Αἴολος, lateinisch Aeolus, deutsch Äolus oder Äol) war der griechische Gott der Winde. Er war mit Eos, der Göttin der Morgenröte, verheiratet und wurde von Zeus als der Herrscher über die verschiedenen Winde eingesetzt. Zu den Winden gehören Boreas (Nordwind), Euros (Südostwind), Zephyros (Westwind) und Notos (Südwind).

Aiolos bewohnte nach Homers Odyssee die im fernen Westen liegende, sagenhafte schwimmende Insel Aiolia (Αἰολία), die in populärwissenschaftlichen Werken und von Hobbyforschern u.a. gerne mit einer der Äolischen Inseln (deren Namen von Aiolos abgeleitet ist) oder mit Ustica identifiziert wird. Er nahm Odysseus und seine Gefährten gastfreundlich auf und gab ihnen für die Heimkehr einen Sack mit ungünstigen Winden, der verschlossen bleiben sollte. Gleichzeitig ließ er für Odysseus' Heimfahrt günstige Westwinde wehen. Der Sack wurde jedoch von den Gefährten des Odysseus kurz vor Erreichen Ithakas geöffnet. Infolgedessen entwichen alle Winde und das Schiff wurde zu der Aiolos-Insel zurückgetrieben. Als Odysseus Aiolos erneut um günstige Winde bat, wurde er abgewiesen.




Odysseus



Odysseus (episch griechisch Ὀδυσσεύς) ist ein Held der griechischen Mythologie, der nach der klassischen Chronologie im 12. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben soll. Er war der Sohn des Laërtes (in weniger verbreiteten Versionen des Sisyphos) und der Antikleia sowie der Bruder der Ktimene. Von seinem Vater übernahm Odysseus die Herrschaft über Ithaka und hatte mit seiner Gemahlin, der spartanischen Königstochter Penelope, einen Sohn namens Telemachos. Außerhomerische Genealogien machten ihn zum Vater zahlreicher weiterer Kinder, von denen Telegonos, sein Sohn von der Zauberin Kirke, hervorzuheben ist.

Odysseus gehörte zu den bekanntesten griechischen Heroen im Trojanischen Krieg. Seine dabei vollbrachten Taten werden von Homer in der Ilias, seine zehnjährige Irrfahrt auf der Heimreise in der Odyssee (Wanderungen des Odysseus) geschildert. Während all seiner Abenteuer zeichnete er sich vor allem durch außergewöhnlichen Verstand und listige Ideen aus. Nach seiner Rückkehr tötete er Penelopes Freier und übte wieder die Regierung in Ithaka aus. Nach der Telegonie starb er durch die Hand seines Sohnes Telegonos, doch gibt es abweichende Überlieferungen über seine letzten Lebensschicksale und seinen Tod.

Name

Varianten des Namens Odysseus sind attisch griechisch Ὀλυττεύς (Olytteús), korinthisch griechisch Ὀλισ(σ)εύς (Oliseús), dorisch griechisch Ούλιξεύς (Oulixeús), lateinisch Ulixes (auch Ulyssēs), etruskisch Uthuze, Utuse, Utsthe u. ä.
Unter den zahlreichen griechischen Namensvarianten sind die bei attischen, böotischen und korinthischen Vaseninschriften hauptsächlich auftretenden Formen mit Ol- (Olytteús, Oliseús) älter als die in den Homer-Epen vorkommende mit Od-, was darauf hindeutet, dass der Name bereits in vorgriechischer Zeit existierte.
Wahrscheinlich gab es schon vor Homer eine volksetymologische Verbindung mit dem griechischen Wort griechisch ὀδύσσομαι odýssomai für „zürnen“, die der Dichter aufgriff und somit der Form Odysseus im Epos zum Durchbruch verhalf. Laut Homer hat Autolykos den Namen Odysseus für seinen neugeborenen Enkel vorgeschlagen, weil er zahlreichen Leuten zürnte.[1] Aber auch die Erklärungsmöglichkeit, dass Zeus bzw. Poseidon zornig auf Odysseus waren, wird angedeutet.[2]
Die lateinische Form Ulixes geht auf das Dorische zurück und dürfte von Griechen Süditaliens übernommen worden sein. Den Etruskern wurde hingegen die homerische Namensform vermittelt.[3]

Jugendjahre und Heirat mit Penelope

Über Odysseus’ Jugend liegen nur einige verstreute Angaben in der Odyssee vor. Er konnte sich väterlicherseits der Abstammung von Zeus und mütterlicherseits jener von Hermes rühmen. Als junger Mann besuchte er seinen Großvater Autolykos auf dem Parnass und unternahm mit dessen Söhnen einen Jagdausflug, bei dem ihm ein Eber am Schenkel eine Wunde schlug, deren Narbe stets sichtbar blieb.[4] Auf einer Reise nach Messenien freundete er sich mit Iphitos an, der Odysseus den mächtigen Bogen seines Vaters Eurytos schenkte. Odysseus schätzte diesen Bogen sehr und sollte ihn später gegen Penelopes Freier einsetzen.[5] In Ephyra in Thesprotien wollte er sich Pfeilgift von Mermeros’ Sohn Ilos besorgen; als er es aber nicht bekam, beschaffte er es sich beim taphischen Fürsten Anchialos.[6] Obwohl sein Vater Laertes noch gesund war, erhielt Odysseus von ihm längere Zeit vor seinem Zug nach Troja die Regierung über Ithaka übertragen. Sein Herrschaftsgebiet umfasste außerdem Nachbarinseln.[7]
Odysseus gehörte zu den zahlreichen Freiern Helenas, rechnete sich aber keine Chancen aus. Stattdessen stand er Helenas Vater Tyndareos mit einem klugen Rat zur Seite, wie dieser einen befürchteten Konflikt mit den nach der Wahl eines Gatten nicht zum Zuge gekommenen Freiern vermeiden könne. Er empfahl, dass alle Bewerber schwören sollten, den erwählten Gemahl Helenas bei allen aus dieser Ehe entstehenden Problemen zu unterstützen. Im Gegenzug setzte sich Tyndareos, der nun Menelaos als Bräutigam für seine Tochter bestimmte, bei seinem Bruder Ikarios dafür ein, dass dessen Tochter Penelope die Gattin von Odysseus wurde.[8] Laut Pausanias hingegen habe Odysseus einen Wettlauf gewinnen müssen, um Penelopes Hand zu erhalten.[9] Das Ehepaar bekam den Sohn Telemachos.

Vorbereitungen zum Trojanischen Krieg

Nachdem Paris Helena nach Troja entführt hatte, mussten deren ehemalige Freier ihren Eid einhalten und Menelaos für eine geplante Expedition gegen Troja militärisch unterstützen. Die Odyssee deutet an, dass Odysseus ungern den Kriegszug mitmachte und von Agamemnon und Menelaos nur schwer zur Teilnahme überredet werden konnte.[10] Laut dem in Proklos’ Chrestomathie enthaltenen Auszug aus den Kyprien täuschte Odysseus seinen zu ihm gereisten Besuchern Menelaos, Nestor und Palamedes vor wahnsinnig zu sein, doch der schlaue Palamedes durchschaute ihn und erreichte durch Bedrohung des kleinen Telemachos die Aufdeckung des Truges. Nach den genaueren Ausführungen dieser Version durch Hyginus Mythographus bestand Odysseus’ gespielter Wahn darin, dass er vor seinen Gästen einen Pileus trug und ein Pferd und einen Ochsen vor seinen Pflug spannte; Palamedes legte aber Telemachos vor den Pflug und ermahnte dessen Vater, mit den Schwurgefährten zu ziehen, woraufhin dieser mitzukommen versprach.[11] War also Odysseus hier auf dem Gebiet seiner ureigensten Stärke, der Listigkeit, von Palamedes besiegt worden, so rächte er sich später grausam an ihm.
So musste Odysseus in den Krieg aufbrechen und vertraute sein Hauswesen der Obhut seines Kameraden Mentor an.[12] Zuerst übernahm er die Aufgabe, sich die Dienste des Achilleus für den geplanten Feldzug zu sichern. Nach der Ilias reiste er mit Nestor zu Peleus und holte dessen Sohn Achilleus und den Patroklos ab.[13] Nach späterer Ausgestaltung der Sage wollte Thetis ihren Sohn Achilleus nicht ziehen lassen, da er nach einem Orakelspruch nicht lebend zurückkehren würde. Sie hatte ihn deshalb als Mädchen verkleidet unter den Töchtern des Königs Lykomedes von Skyros versteckt. Zu diesem begab sich Odysseus – mit oder ohne Begleiter – und entdeckte den Gesuchten durch die List, dass er neben für Mädchen gedachten Geschenken auch Waffen anbot, die Achilleus anzogen und/oder durch die Beobachtung von dessen Reaktion auf Trompetenklang.[14] Nun schloss sich auch Achilleus dem Expeditionsheer der Griechen an.
Als einzige Quelle nennt die Bibliotheke des Apollodor Odysseus als Teilnehmer eines vergeblichen Versuchs der Griechen, auch König Kinyras von Zypern für den Krieg gegen Troja zu werben. Demnach kam Odysseus in Gesellschaft von Menelaos und Talthybios zu Kinyras, der einwilligte, 50 Schiffe zu stellen, dann aber nur eines sandte und die übrigen samt Bemannung aus Ton herstellte.[15] Eine Randrolle spielte Odysseus sodann bei der Auseinandersetzung der Trojakämpfer mit Telephos. Diesem war von Achilleus mit dessen Lanze eine nicht verheilende Wunde beigebracht worden, die nach einem Orakel nur von demjenigen, der sie verursacht hatte, auch wieder geheilt werden konnte. Daher kam Telephos nach Argos, um Achilleus aufzusuchen, und als dieser einwandte, kein Arzt zu sein, deutete Odysseus das Orakel in dem Sinn, dass der Speer und nicht dessen Besitzer der Verursacher der Wunde sei, woraufhin Telephos durch abgeschabten Rost des Speers geheilt wurde.[16]
Die in Aulis versammelte griechische Flotte, zu der Odysseus zwölf Schiffe beisteuerte, konnte aufgrund von einer Windstille nicht auslaufen. Der Seher Kalchas erklärte, dass Artemis wegen ihres Zorns auf Agamemnon die Abfahrt der Flotte verhindere, die erst nach Opferung von Agamemnons Tochter Iphigenie möglich wäre. Odysseus begab sich zu deren Mutter Klytaimnestra und erreichte, dass Iphigenie nach Aulis geschickt wurde mittels der falschen Behauptung, dass sie Achilleus’ Gattin werden sollte. Artemis ersetzte aber das Mädchen auf dem Altar durch eine Hirschkuh. An tragischen Bearbeitungen dieser Episode ist EuripidesIphigenie in Aulis erhalten, wo Odysseus aber nicht auftritt.[17]
Als die griechische Flotte nun nach Troja unterwegs war, rang Odysseus erfolgreich mit dem König Philomeleides von Lesbos.[18] Da der Bogenschütze Philoktetes aufgrund eines Schlangenbisses eine eiternde Wunde hatte, deren übler Geruch dem griechischen Heer zunehmend lästig fiel, setzte Odysseus ihn auf Lemnos aus.[19]
Vor Ausbruch der militärischen Konfrontation gingen griechische Gesandte – laut den meisten Quellen Odysseus und Menelaos – nach Troja, um die Rückgabe Helenas und gestohlener Schätze zu fordern. Im Fall der Erfüllung ihres Begehrens hätte der Krieg vermieden werden können. Den Gesandten war jedoch kein Erfolg beschieden. Nach einigen Quellen gerieten sie sogar in Gefahr, getötet zu werden, aber Antenor rettete sie. Dessen Familie wurde dafür nach Trojas Fall verschont.[20]

Rolle im Trojanischen Krieg

Tötung des Palamedes

Noch vor dem Rückzug des ärgerlichen Achilleus aus dem Krieg übte Odysseus Vergeltung an Palamedes. Laut der Bibliotheke des Apollodor nötigte er einen phrygischen Gefangenen zum Verfassen eines Briefes, der angeblich von Priamos stammte und an Palamedes gerichtet war, wonach dieser als Verräter erschien. Anschließend vergrub Odysseus Gold in Palamedes’ Zelt und ließ den vermeintlich verräterischen Brief im Quartier der Griechen fallen. Agamemnon fand das Schriftstück und daraufhin das Gold, was zu Palamedes’ Steinigung führte.[21] Hyginus berichtet leicht abweichend, dass Odysseus aufgrund eines angeblichen Traums die Verlegung des griechischen Lagers für einen Tag erreichte. In der Nacht versteckte er Gold unterhalb des vormaligen Standorts von Palamedes’ Zelt und ließ nahe dem Lager einen phrygischen Gefangenen ermorden, dem er zuvor einen selbst verfassten Brief mitgegeben hatte, in dem Priamos angeblich Palamedes im Fall von dessen Verrat Gold versprach. Nach der Rückverlegung des Lagers fand ein Soldat den Brief beim Leichnam des Phrygers und brachte ihn Agamemnon, der Nachschau hielt und das Gold fand, woraufhin die Armee Palamedes tötete.[22] Gemäß der völlig abweichenden Darstellung in den Kyprien wäre Palamedes beim Fischen von Odysseus und Diomedes ertränkt worden.[23]

Darstellung in der Ilias

Insbesondere zeichnete sich der von Homer als nicht sehr groß, aber recht breitschultrig und als Günstling der Athene beschriebene Odysseus während des Trojanischen Krieges durch Listigkeit und Beredsamkeit aus; daneben war er auch ein tapferer Kämpfer. Als die Griechen zur Besänftigung von Apollons Zorn die von ihnen verschleppte Chryseis zu deren Vater Chryses zurückbringen mussten, führte Odysseus diese Mission aus.[24] Er erreichte durch seine Redegabe, dem Heer den von Agamemnon zum Schein vorgeschlagenen vorzeitigen Rückzug wieder auszureden, wobei er den Störenfried Thersites züchtigte.[25] Nachdem sein Freund Leukos von Antiphos getötet worden war, schoss er wütend Priamos’ unehelichem Sohn Demokoon einen Wurfspeer in die Schläfe.[26] Später wurde Tlepolemos im Kampf mit Sarpedon tödlich verletzt, woraufhin Odysseus sieben Lykier erschlug, bis Hektor ihn einbremste.[27] Er gehörte auch zu den Kandidaten für den Zweikampf mit Hektor.[28] Als dann aber dem greisen Nestor vom herannahenden Hektor Gefahr drohte, kam Diomedes zu seiner Rettung und rief den flüchtenden Odysseus vergeblich um Beistand an.[29] Wegen der verzweifelten Lage der Griechen sollte Achilleus wieder zur Teilnahme am Krieg bewogen werden, doch genügte auch Odysseus’ hierzu aufgebotenes rednerisches Talent nicht.[30]
Hektor gelang es, ein trojanisches Lager in der Ebene zu errichten. Nun machten sich Odysseus und sein häufiger Begleiter Diomedes auf einen nächtlichen Spähergang und trafen den troischen Kundschafter Dolon, den sie verhörten und töteten; dann drangen sie in das Lager der neu angekommenen Thraker ein, erschlugen den König Rhesos und erbeuteten dessen auserlesene Pferde. Für den gelungenen Coup brachten sie Athene ein Dankopfer dar.[31] Agamemnon trat am nächsten Tag durch die Tötung mehrerer troischer Helden hervor (Aristie), musste sich dann aber verletzt zurückziehen, woraufhin Hektor den Achaiern schwer zusetzte. Odysseus und Diomedes griffen nun erfolgreich in den Kampf ein, doch nach Diomedes’ Verwundung hatte sich Odysseus seiner Haut allein zu erwehren. Er konnte Sokos im Einzelkampf töten, erlitt dabei jedoch Verletzungen und wurde schließlich aus der Umzingelung seiner Feinde durch Menelaos und den großen Aias gerettet.[32] Nach seiner Genesung nahm er an den Leichenspielen für Patroklos teil, besiegte den großen Aias im Ringkampf und gewann den Wettlauf gegen den schnelleren kleinen Aias, da Athene diesen hatte stolpern lassen.[33]

Waffenstreit mit Aias


Odysseus sinnend, mit den Waffen des Achilleus (Schild, Helm und Panzer). Tönerne Öllampe, 1. Jahrhundert n. Chr.
Achilleus tötete laut der Aithiopis die Amazonenkönigin Penthesileia, verliebte sich danach aber in die schöne Tote. Weil Thersites darüber spottete, wurde er von Achilleus niedergestreckt. Aufgrund des durch diesen Mord entstandenen Zwiespalts im griechischen Heer musste Achilleus auf Lesbos den Göttern opfern, woraufhin Odysseus ihn entsühnte.[34]
Paris und Apollon töteten dann Achilleus, um dessen Leichnam der große Aias und Odysseus mit den Troern kämpften. Aias trug die Leiche mitten durch die Feinde hindurch fort und Odysseus deckte seinen Rückzug.[35] Nun gerieten aber die beiden Krieger darüber in Streit, wem von ihnen die Waffen des gefallenen Helden gebührten. Mit dem Bericht über dieses Ereignis setzte die Kleine Ilias ein. Gemäß dem daraus referierenden Exzerpt des Proklos sorgte die Göttin Athene dafür, dass Odysseus den Waffenstreit gewann, woraufhin Aias wahnsinnig wurde und sich schließlich entleibte. Laut einem Scholion zu Aristophanes sei auf Anregung Nestors ein Gespräch trojanischer Mädchen belauscht und auf dessen Grundlage für Odysseus entschieden worden.[36] Eine häufigere Version führt hingegen aus, dass Agamemnon als unparteiischer Schiedsrichter zu erscheinen versuchte und aufgrund der Aussage gefangener Troer, dass Odysseus ihnen mehr als Aias zugesetzt habe, dem Ersteren Achilleus’ Waffen zusprach.[37] Insbesondere Ovid gestaltet das Rededuell der Kontrahenten vor den Schiedsrichtern breit aus, in dem Odysseus als der auf diesem Gebiet weit Begabtere obsiegte.[38] Die von Sophokles verfasste Tragödie Aias zu diesem Thema ist erhalten.

Beitrag zum Fall Trojas

Bald darauf nahm Odysseus laut der Kleinen Ilias den Seher Helenos gefangen. Die Bibliotheke des Apollodor begründet diesen Schritt damit, dass Helenos die nach einem Orakel nötigen Voraussetzungen wusste, wie Troja zu erobern sei.[39] Andere Quellen lassen Helenos freiwillig die Seiten wechseln.[40] Der Seher verkündete den Griechen, dass diese Troja solange nicht bezwingen könnten, bis sie die Gebeine des Pelops sowie Achilleus’ Sohn Neoptolemos und den von ihnen auf Lemnos ausgesetzten Philoktetes mit dem Bogen des Herakles geholt hätten;[41] alternativ nennen manche Quellen anstelle der letztgenannten Bedingung die Entwendung des Palladions aus Troja.
Odysseus begab sich anschließend entweder allein oder mit Diomedes oder mit Phoinix nach Skyros, um den dort weilenden Neoptolemos zur Teilnahme am Trojanischen Krieg zu überreden und ihm Achilleus’ Waffen zu überreichen.[42] Auch die Abholung des seit zehn Jahren auf Lemnos ein kärgliches Dasein führenden Philoktetes mitsamt dessen Herakles-Bogen war ein Werk des Odysseus, wobei er entweder allein oder gemeinsam mit Diomedes oder mit Neoptolemos handelte; laut der Kleinen Ilias habe aber Diomedes diesen Auftrag allein ausgeführt.[43] Nach einer Sagenvariante wurde Philoktetes auf Weisung des Kalchas bereits vor Helenos’ Gefangennahme zurückgebracht. Alle drei großen Tragiker schrieben Dramen zu diesem Thema, doch ist nur Sophokles’ Philoktetes erhalten, wo Odysseus sehr ungünstig charakterisiert wird. Machaon oder Podaleirios heilte den bei den Griechen eingetroffenen Philoktetes, der dann Paris erschoss.
Um als Spion unbemerkt nach Troja hineinzukommen, ließ Odysseus sich geißeln und verkleidete sich als Bettler. Helena erkannte ihn, verriet ihn aber nicht und erfuhr von ihm den Plan der Griechen zur Eroberung der Stadt. Er brachte mehrere Trojaner um und gelangte, um Wissen über einige feindliche Absichten bereichert, sicher ins griechische Lager zurück.[44]

Odysseus und Diomedes stehlen das Palladion von Troja. Apulische rotfigurige Oinochoe aus dem Umkreis des Iliupersis-Malers (um 360–350 v. Chr.) aus Reggio di Calabria. Heute im Louvre, Paris.
Weit auseinander gehen die Angaben über den Zeitpunkt, zu dem Odysseus – nach den meisten Quellen zusammen mit Diomedes – das Athenebildnis, das Palladion, stahl; dies geschah laut manchen Versionen bereits vor Achilleus’ Tod, laut anderen hingegen erst nach der Herstellung des Trojanischen Pferdes. Dass dieser Raub zur siegreichen Beendigung des Krieges erforderlich war, wussten die Griechen entweder durch die Weissagungen des Kalchas oder Helenos oder aufgrund alter Orakelsprüche. Einige antike Autoren berichten, dass die Räuber durch einen unterirdischen Kanal in Troja eindrangen.[45] Weil Odysseus wünschte, dass ihm der Ruhm für die erfolgreiche Durchführung der Tat allein zukam, plante er auf dem Rückweg, den vor ihm gehenden Diomedes zu erstechen. Dieser sah jedoch im Mondlicht das Aufblitzen von Odysseus’ Dolch und konnte sich durch rechtzeitiges Zücken des eigenen Schwerts der Gefahr entziehen. Nun musste Odysseus an den Händen gefesselt vor ihm gehend zurückmarschieren.[46]
Mehrere Autoren geben an, dass Odysseus der Erfinder des Trojanischen Pferdes war.[47] Es sollte nach dem scheinbaren Abzug der Belagerer als religiöses Opfer getarnt nach Troja hineingeschleust werden; bei Nacht hatten dann in seinem Inneren verborgene Griechen herauszusteigen und ihren heimlich zurückgekehrten Landsleuten die Stadttore zu öffnen. Im Pferd sollen nach der Kleinen Ilias nicht weniger als 3000 Männer Platz gefunden haben, nach der kleinsten genannten Anzahl hingegen nur 23. Bei den meisten Darstellungen wird Odysseus als Anführer der im Pferd versteckten Krieger bezeichnet.[48] Helena habe mit ihrem neuen Gemahl Deiphobos das Pferd begutachtet und zur Entdeckung einer möglichen Falle die Stimmen der Gemahlinnen einiger im Pferd eingeschlossenen griechischen Helden perfekt nachgeahmt. Diese hätten nur schwer ihr Stillschweigen bewahrt und Odysseus habe Antiklos den Mund zugehalten und ihn dabei laut Tryphiodoros sogar erstickt.[49]
Der Plan der Griechen gelang. Odysseus führte während des nächtlichen Kampfes in Troja Menelaos zum Haus des Deiphobos und nahm an der dort sich entspinnenden Auseinandersetzung mit den Troern teil.[50] Er beteiligte sich aber nicht nur am Gemetzel während der Zerstörung der Stadt, sondern auch in Erinnerung an die frühere freundliche Haltung Antenors ihm gegenüber an der Rettung von dessen Söhnen Glaukos und Helikaon.[51] Vergeblich verlangte er die Steinigung des kleinen Aias, da dieser Kassandra vergewaltigt und dabei einen Altar Athenes geschändet hatte; zu Recht befürchtete er den Zorn der Göttin auf die Griechen.[52] Gemäß der Iliu persis war er maßgeblich für die Tötung von Hektors kleinem Sohn Astyanax verantwortlich, den er laut einigen Darstellungen selbst von einem Turm herabstürzte,[53] während die Kleine Ilias Neoptolemos die Mordtat zuschrieb. Nach manchen Autoren riet Odysseus auch sehr dazu, Polyxena auf Achilleus’ Grab zu opfern.[54] Er bekam Priamos’ Gattin Hekabe zur Sklavin, die bald darauf in eine Hündin verwandelt worden und auf der thrakischen Chersones ihr Grab gefunden haben soll.[55]

Irrfahrten auf der Heimreise

Nach dem Sieg über Troja, dem zehn Jahre Krieg vorangegangen waren, begab Odysseus sich mit seinen 12 Schiffen auf die Heimreise, die Homer in der Odyssee beschrieb. Bereits in der Antike wurden viele Theorien über die Lokalisierung der von Homer erwähnten Örtlichkeiten aufgestellt. Die am häufigsten verbreiteten antiken Thesen werden bei der Erörterung der einzelnen Stationen von Odysseus’ Route jeweils kurz referiert.
Odysseus und seine Mannschaft hatten auf ihrer Reise zahlreiche Abenteuer zu bestehen und Unglücksschläge zu erleiden. Für einige waren sie selbst verantwortlich, andere hatten sie der Feindseligkeit namentlich des Meeresgottes Poseidon zu verdanken. Erst nach zehnjähriger Irrfahrt kehrte Odysseus nach Verlust aller Begleiter allein nach Ithaka zurück.

Kikonen, Lotophagen, Polyphem

Zunächst erreichten Odysseus’ Schiffe nach ihrer Abfahrt aus Troja die thrakische Hafenstadt Ismaros, wo die Kikonen wohnten. Mit seinen Männern erstürmte Odysseus die Stadt und übte nur gegen den Apollonpriester Maron und dessen Gattin Nachsicht, wofür Maron ihm u. a. besonders berauschenden Wein schenkte. Bei einem Gegenstoß der Kikonen verlor Odysseus etliche Gefährten und musste fliehen.[56] Nach der Passage von Kap Malea im Südosten der Peloponnes, ab wo die Lokalisierungsversuche der Reiseziele unsicher werden und quasi eine Fahrt ins Märchenland beginnt, verschlug ein starker Nordwind Odysseus’ Flotte nach neun Tagen zum Land der friedlichen Lotophagen (oft an der nordafrikanischen Küste, vor allem Djerba[57] verortet). Odysseus musste drei seiner als Kundschafter ausgesandten Männer gewaltsam zurückholen, da sie nach dem Verzehr von Lotos alles vergessen hatten und nicht zurückgekehrt waren.[58]

Odysseus und seine Gefährten blenden den Polyphem. Lakonisch-schwarzfigurige Schale des Reiter-Malers, ca. 565–560 v. Chr.
Die nächste Station auf Odysseus’ Irrfahrt war das Land der Zyklopen, das von zahlreichen antiken Autoren an verschiedenen Stellen Siziliens lokalisiert wurde. Zunächst ließ sich Odysseus mit seiner Mannschaft auf einer vorgelagerten Insel nieder, auf der keine Menschen aber viele Ziegen lebten. Am dritten Tag fuhr Odysseus mit zwölf Gefährten zum gegenüberliegenden fruchtbaren Festland und ging mit ihnen in eine große Höhle, in der sie auf eine Schafherde stießen. Als Odysseus aus Neugier auf den Besitzer der Höhle wartete, stellte sich dieser als der einäugige Riese Polyphem heraus, der nach seiner Ankunft mehrere von Odysseus’ Männern verschlang und den Eingang mit einem großen Fels versperrte. Am nächsten Abend machte Odysseus den Hünen mit Marons Wein betrunken und rammte ihm mit seinen verbliebenen Gefährten eine glühende Pfahlspitze in das einzige Auge. Am folgenden Morgen rollte der geblendete Riese den Stein zur Seite und blieb vor dem Höhleneingang sitzen, um die Griechen bei einem Fluchtversuch möglicherweise zu erwischen. Als aber seine Widder ins Freie traten, tastete er nur deren Rücken ab, während Odysseus und seine Männer sich an deren Bauchfell festklammerten. So konnten sie zu ihrem Schiff entkommen. Odysseus verhöhnte den Riesen und nannte ihm seinen wahren Namen, woraufhin sein Schiff fast von einem von Polyphem weggeschleuderten Felsbrocken getroffen worden wäre. Auf Polyphems Gebet zu seinem Vater Poseidon bereitete dieser Odysseus über Jahre hinweg große Schwierigkeiten auf der weiteren Reise.[59]
Das diesen Stoff verarbeitende Drama Kyklops des Euripides ist erhalten. Einen neuen Aspekt brachte der Dithyrambendichter Philoxenos von Kythira in die Geschichte, indem er Polyphems unglückliche Liebe zur Nereide Galateia einführte. Vergil dichtete, dass Odysseus einen Gefährten namens Achaemenides auf der Insel der Zyklopen zurückließ, Aeneas den Herumirrenden bei der Vorbeifahrt an der sizilischen Küste fand und nach Latium brachte.[60] Auch die antike bildende Kunst griff das Thema häufig auf.

Aiolos, Laistrygonen, Kirke

Odysseus segelte nun nach Aiolia, der Insel des Windgottes Aiolos, die von klassischen Autoren oft für eine der Äolischen Inseln gehalten wurde. Aiolos empfing Odysseus freundlich und übergab ihm nach einmonatigem Aufenthalt alle ungünstigen Winde in einem Schlauch eingesperrt; nur der Westwind befand sich nicht darin, um den Seefahrern eine rasche Heimreise zu ermöglichen. Als die Heimat bereits sichtbar war und Odysseus schlief, öffneten seine Männer neugierig den Schlauch, woraufhin die Winde entwichen und ihre Schiffe erneut nach Aiolia verschlugen. Der Windgott verjagte sie diesmal allerdings, da er glaubte, Odysseus habe sich den Zorn der Götter zugezogen.

Auf der weiteren Fahrt kam Odysseus’ kleine Flotte nach sieben Tagen zum Hafen von Telepylos, der (in der Antike u. a. auf Sizilien oder Sardinien lokalisierten) Stadt der kannibalischen riesigen Laistrygonen. Deren König Antiphates konnten zwei von insgesamt drei durch Odysseus entsandte Kundschafter entkommen und ihren Herrn rechtzeitig warnen. Odysseus’ Schiff gelang als einzigem die Flucht, da es allein vorsichtshalber außerhalb der Hafeneinfahrt geankert hatte. Seine übrigen Fahrzeuge wurden von den Laistrygonen mit enormen Steinen zerschmettert und die Mannschaften von den Riesen verschlungen.

Als nächstes Ziel steuerte Odysseus die Insel Aiaia der Zauberin Kirke an, die nach antiken Thesen häufig an der Westküste Italiens lokalisiert und mit dem heutigen Kap Circeo identifiziert wurde, doch gab es auch andere Meinungen, die sie weit davon entfernt östlich in Kolchis suchte. Odysseus bildete zwei Gruppen seiner verbliebenen Gefährten, und die zweite von Eurylochos angeführte Gruppe musste durch Losentscheid die Insel erkunden. Sie kamen zum Haus der Kirke, die sie scheinbar freundlich einlud, aber nach Weingenuss mit einer Gerte berührte und in Schweine verwandelte. Nur der misstrauische Eurylochos war der Einladung nicht gefolgt und konnte zu Odysseus zurückkehren. Dieser machte sich sofort zur Rettung seiner Gefährten auf und traf unterwegs den Gott Hermes, der ihm eine vor Kirkes Zauberei schützende Pflanze namens Moly und Verhaltensmaßregeln mit auf den Weg gab. Als Kirke nun auch Odysseus verwandeln wollte, gelang ihr dies aufgrund der Wirkung des Moly nicht; stattdessen wurde sie von ihm mit dem Schwert bedroht und musste bei den Göttern schwören, ihm nichts mehr Böses anzuhaben. Sie gab den verzauberten Gefährten ihre menschliche Gestalt wieder und wurde die Geliebte von Odysseus, der ein ganzes Jahr bei ihr verbrachte. Dann machte er sich auf Drängen seiner Männer wieder auf die Reise, die ihn nun zum Hades führte, da nach Kirkes Rat nur der Schatten des verstorbenen Sehers Teiresias wusste, wie er heim nach Ithaka gelangen könne.

Spätere Sage dichtete Odysseus mehrere Söhne von Kirke an, die aber teilweise auch Kalypso zugeschrieben werden, so u. a. Telegonos und Latinos.

Auch angebliche Gräber von einigen Gefährten des Odysseus in Kampanien und umliegenden Landschaften werden genannt.


Perdix (Mythologie)




Die bekannteste Version der Geschichte von Perdix (griechisch πέρδιξ „Rebhuhn“), auch Talos oder Kalos genannt, findet sich in den Metamorphosen des Ovid, VIII 236-259. Er ist der Neffe des berühmten Baumeisters Daedalus und wird von seiner Mutter, dessen Schwester, mit 12 Jahren zu seinem Onkel in die Lehre gegeben. Er beweist erstaunliches Talent und erfindet u. a. die Säge, den Zirkel und die Töpferscheibe. Daedalus wird neidisch auf ihn und stürzt ihn schließlich von Athenes heiliger Burg hinunter.

Doch Athene ist begabten Menschen sehr gewogen, sie fängt den Jungen auf und verwandelt ihn in einen Vogel, genauer gesagt in ein Rebhuhn (Perdix perdix). Aus Angst vor der Höhe fliegt dieser neue Vogel jedoch immer nah am Boden.

Diese Metamorphose hat also zugleich eine erklärende als auch mahnende Funktion. Perdix, das Rebhuhn, war daraufhin nämlich ein ständiger Vorwurf für den neidischen Daedalus, u. a. scheint es Schadenfreude durch seine Laute auszudrücken als Daedalus seinen Sohn Ikarus, der zu nah an der Sonne geflogen war, so dass deren Hitze das Wachs seiner Flügel schmolz, auf Ikaria begraben muss.
In der älteren griechischen Literatur ist Perdix die Schwester des Daedalus; ihr Sohn heißt hingegen Talos.



Minos




Minos (griechisch Μίνως) ist in der griechischen Mythologie Sohn des Zeus und der Europa - und der Bruder von Rhadamanthys und Sarpedon. Er war ein König von Kreta, der Gemahl der Pasiphaë.
Mit Pasiphaë war er der Vater von Akakallis, Androgeos, Ariadne, Deukalion, Glaukos, Katreus, Phaidra und Xenodike.

Historisches

Herodot bezeichnet Minos als den Errichter der ersten Thalassokratie, die die Piraterie im östlichen Mittelmeer erfolgreich bekämpfte und die Quelle des kretischen Reichtums war. (Siehe auch Seeherrschaft.) Nach u.a. Thukydides soll Minos sich die Karer untertänig gemacht (und Milet erobert haben) bzw. von Kreta und/oder den Inseln der Ägäis vertrieben haben und große Teile des ägäischen Meers beherrscht haben.

Bezüglich der Frage, ob Kreta während der minoischen Zeit wirklich eine Thalassokratie war, herrscht bis jetzt in der Forschung keine Einigkeit.

Mythisches

Minos und Britomartis

Die Nymphe Britomartis war eine Tochter des Zeus und somit Halbschwester des Minos. Dieser verliebte sich in sie und verfolgte das wilde Mädchen neun Monate lang durch die Berge Kretas. Als er sie auf einem steilen Felsen des Diktegebirges fast ergreifen konnte, blieb ihr Kleid an einem Myrtenzweig hängen; sie rettete sich durch einen Sprung ins Meer und landete in den Netzen von Fischern, die sie in Sicherheit brachten. Artemis erhob sie später in den Rang einer Göttin.

Minos und Prokris

Um die eheliche Treue ihres Gemahls sicherzustellen, belegte Pasiphaë den König mit einem Zauber: Bei der Umarmung entströmten seinem Leib Schlangen, Skorpione und Tausendfüßler. Da traf Prokris auf der Insel ein, die eben im Streit mit Kephalos lag. Sie heilte Minos von seinem Leiden. Er machte ihr dafür einen unfehlbaren Speer und den schnellen, unsterblichen Hund Lailaps zum Geschenk – Gaben, die einst sein Vater Zeus der Europa überreicht hatte.
In einer anderen Version hieß es nur, dass Prokris die einzige war, die mit Minos ungestraft verkehren konnte, weil sie sich zuvor mit der Essenz einer Heilpflanze wappnete.

Minos und der Stier

Nach einer Erzählung wurden er und seine Brüder von Asterios , dem König von Kreta, adoptiert. In der Frage, wer dessen Nachfolge antreten sollte, kam es zum Streit zwischen den dreien. Minos rief Poseidon um Beistand an und versprach, was immer aus dem Meer erschiene, dem Gott zu opfern. Poseidon schickte ihm einen prächtigen Stier, so dass damit der Streit entschieden war und Minos König von Kreta wurde. Der Stier gefiel ihm allerdings so gut, daß er ihn nun nicht opfern wollte, sondern ein anderes Rind darbringen ließ. Poseidon erkannte den Betrug und schlug zur Strafe Minos’ Gemahlin Pasiphaë mit dem Verlangen, sich mit dem Stier zu vereinen. Sie ließ sich von Daidalos ein hölzernes Gestell bauen, das mit Kuhhaut verkleidet war. Darin verbarg sie sich und ließ sich so von dem Stier begatten. Als Frucht dieser Vereinigung gebar sie ein menschenfressendes Ungeheuer: den Minotauros, ein Wesen mit menschlichem Körper und Stierkopf.

Im Zuge seiner achten Arbeit brachte Herakles den Stier auf die Peloponnes. Dort richtete das wilde Tier großen Schaden an. Androgeos, einer von Minos’ Söhnen, wollte seine Geschicklichkeit im Kampf gegen den Stier erproben, fiel diesem aber zum Opfer. Als Minos die Nachricht erhielt, brach er zu einem Rachefeldzug gegen Athen auf; manche sagten nämlich, König Aigeus von Attika habe Androgeos zu dem Tier geschickt.

Minos und die Athener

Er zog zunächst gegen Megara, wo Nisos herrschte, ein Bruder des Aigeus. Nisos verlieh eine purpurne Locke Unsterblichkeit. Seine Tochter Skylla verliebte sich jedoch in den fremden König und schnitt ihrem Vater die Locke ab. Minos siegte, dankte es dem Mädchen aber schlecht: Er ließ sie an seinem Schiff angebunden durch das Meer schleifen.
Gegen das wehrhafte Athen allerdings konnte Minos zunächst nichts ausrichten. Also rief er seinen Vater Zeus um Hilfe an; dieser erhörte ihn und sandte Pest und Hungersnot. Den Athenern erlegte Minos nach ihrer Kapitulation eine grausame Steuer auf: Alle neun Jahre mussten sie sieben Jünglinge und sieben Jungfrauen nach Kreta senden, wo diese dem Minotauros geopfert wurden.

Minos und das Labyrinth

Für den Minotauros hatte er von Daidalos ein Labyrinth erbauen lassen. Die Jünglinge und Jungfrauen wurden hineingeschickt und so dem Ungeheuer zum Fraß vorgeworfen. Erst Theseus, der Sohn des Aigeus, beendete diesen Opferritus, indem er selbst mitfuhr und den Minotauros tötete. Dabei war ihm Minos’ Tochter Ariadne mit ihrem Faden behilflich; nur so konnte er aus dem Labyrinth wieder herausfinden. Als der Held Kreta verließ, nahm er Ariadne mit sich.
Erzürnt sperrte Minos daraufhin den Architekten Daidalos mit dessen Sohn Ikaros in das Labyrinth. Sie konnten entkommen und flohen mit Hilfe selbstgebauter Schwingen von der Insel. Ikaros überlebte den Flug nicht, weil er der Sonne zu nahe kam. Dabei schmolz das Wachs zur Befestigung der Federn und er stürzte ins Meer. Minos aber verfolgte Daidalos bis nach Sizilien, wo dieser bei König Kokalos Schutz gefunden hatte. Kokalos empfing den Kreterkönig mit vorgetäuschter Gastfreundschaft, ließ ihn jedoch im Bade töten. Je nach Version wurde Minos dort von Kokalos’ Töchtern ertränkt oder durch kochendes Wasser ums Leben gebracht. Lange danach soll Theron, Tyrann von Akragas, die Gebeine von König Minos gefunden und nach Kreta zurückgeschickt haben.

Minos im Hades

Nach seinem Tode herrschte der weise irdische König Minos mit goldenem Zepter als Richter der Toten in der Unterwelt, an der Seite seines Bruders Rhadamanthys und seines Halbbruders Aiakos.

Minos als Namensgeber

Nach Minos wurde die Kultur von Altkreta durch Arthur Evans als minoisch benannt. Bedeutende Zeugnisse dieser Kultur sind die Palastanlagen von Phaistós und Knossós; Letztere war wegen ihrer verwinkelten Architektur vermutlich der Ursprung der Legende vom Labyrinth. Die Verbindung von Minos mit der minoischen Kultur gilt jedoch als nicht gesichert, da ihn Homer nicht nur als Sohn des Zeus, sondern auch als Achäer bezeichnet, die zumeist mit den mykenischen Griechen gleichgesetzt werden. Die retrospektive Vereinnahmung wurde jedoch betrieben, wie die von Zeus und Europa, um die Bedeutung des Zeus zu erhöhen. Zu Blütezeit der kretischen Hochkultur etwa 1.600 v. Chr. war der Zeusglaube noch nicht installiert. Dieser wurde vermutlich in den Dunklen Jahrhunderten oder sogar erst 800 v. Chr. durchgesetzt.





Daidalos





Daidalos (griechisch Δαίδαλος von daidallein „kunstvoll arbeiten“, lat. Daedalus, dt. Dädalus) ist eine Gestalt in der griechischen Mythologie und dort insbesondere der kretischen Mythologie um den König Minos (minoischer Sagenkreis). Er war ein brillanter Erfinder, Techniker, Baumeister und Künstler. Seine Künste waren weit bekannt, die von ihm gestalteten Figuren sollen lebensecht gewesen sein.

Mythos

Herkunft

Erste Erwähnung findet Daidalos, der Vater des Ikaros, bei Homer als Schöpfer einer großen Tanzbühne für Ariadne. Die Athener vereinnahmten Daidalos für sich, demnach soll er der Enkel des attischen Königs Erechtheus und der Sohn von Eupalamos gewesen sein.

Daidalos und Perdix

Daidalos' Schwester schickte ihren Sohn Perdix (je nach Quelle auch Talos oder Calos) zu ihm in die Lehre. Der Neffe stellte sich bald als begabter Schüler heraus, der durch seinen Einfallsreichtum auffiel. Von einem Spaziergang am Strand brachte er das Rückgrat eines Fisches nach Hause, bildete es mit Eisen nach und erfand so die Säge. Ein anderes Mal brachte er zwei Eisenstäbe zusammen, verband sie an einem Ende mit einer Niete und spitzte die anderen Enden zu, was zur Erfindung des Zirkels führte. Daidalos, der stolz auf seine Fähigkeiten war und den Gedanken an einen Rivalen nicht ertragen konnte, wurde so neidisch auf Perdix, dass er einen Ausflug auf die Akropolis 
nutzte, um seinen Neffen zu beseitigen, indem er ihn den Berg hinunterstieß. Aber die Göttin Athene, die Genialität immer begünstigte, sah ihn fallen und rettete sein Leben, indem sie ihn in einen Vogel verwandelte, der seither seinen Namen trägt. Das Rebhuhn (lat. Perdix perdix, frz. perdrix) baut sein Nest nicht in Bäumen, sondern in Hecken, und eingedenk seines Falls von der Klippe meidet es hohe Stellen. Daidalos hingegen musste sich für dieses Verbrechen vor Gericht verantworten und wurde aus Athen verbannt.

Daidalos und das Labyrinth

Auf der Insel Kreta fand er am Hofe des seebeherrschenden Königs Minos Asyl. Das antike Kreta ist auch bekannt durch seinen Stierkult. Minos hatte von Poseidon als Zeichen, dass seine Gebete erhört wurden, einen prächtigen silberweißen Stier erhalten. Dieser gefiel dem König so sehr, dass der das Gebot, das Tier dem Meeresgott zu opfern, ignorierte. Poseidons Rache für diese Unterlassung war heimtückisch: Als Minos Pasiphaë, eine Tochter des Sonnengottes Helios, heiratete, sorgte er dafür, dass sich die junge Braut augenblicklich in den Stier verliebte. Pasiphaë verstand es, Daidalos dafür zu gewinnen, eine Kuhattrappe aus Holz zu konstruieren, in die sie hineinschlüpfen konnte, um so den Liebesakt mit dem Stier zu vollbringen. Die Frucht dieser Begegnung war Minotaurus, ein Mischwesen halb Mensch halb Stier. Daidalos erhielt vom König den Auftrag, ein Labyrinth zu bauen, um dieses gefährliche und rabiate Untier wegzusperren. Dieses Labyrinth war so geschickt ausgeheckt, dass selbst Daidalos kaum den Weg ins Freie fand, nachdem er es fertiggestellt hatte.

Daidalos und Ikaros

In Ovids Metamorphosen wird berichtet, dass Daidalos vorsorglich in einen Turm gesperrt wurde, denn der eigentliche Zweck des Labyrinths mit seiner Vorgeschichte durfte nicht an die Öffentlichkeit gelangen.

Eine andere Quelle sagt aus, dass Minos wütend auf Daidalos war, weil dieser Ariadne den Hinweis gegeben hatte der später Theseus nach seinem Kampf gegen den Minotauros zugutekommen sollte: Theseus bediente sich eines abgewickelten Garnknäuels, um das Labyrinth wieder zu verlassen (→ Ariadnefaden). Jedenfalls wurde Daidalos mit seinem Sohn Ikaros auf Kreta in einem Turm oder in dem von ihm selbst errichteten Labyrinth gefangen gehalten und da der König alle Seewege unter strikter Beobachtung hatte, war der Gedanke einer Flucht von der Insel ziemlich hoffnungslos. Doch Daidalos griff auf seine Erfindergabe zurück: Aus Federn von Vögeln und dem Wachs von Kerzen fertigte er Flügel für sich und seinen Sohn und flog mit ihm davon. Bereits hatten sie die Inseln Samos, Delos und Levitha hinter sich gebracht, als der ausgelassene Ikaros ungeachtet der Warnungen seines Vaters zu hoch stieg und dem Sonnenwagen zu nahe kam. Das Wachs, welches die Flügel zusammenhielt, schmolz, und er stürzte in das Meer, das aufgrund dessen Ikarisches Meer genannt wird. Als der trauernde Daidalos ihn auf der heutigen Insel Ikaria beisetzte, beobachtete ihn ein Rebhuhn, das schließlich laut rief. Dieses Rebhuhn soll Perdix gewesen sein, der durch den Tod von Ikaros – ebenfalls durch einen Sturz ins Meer – gerächt worden war.

Daidalos auf Sizilien

Daidalos fand schließlich auf Sizilien beim sikanischen König Kokalos Asyl. Auf Sizilien ließ er einen Tempel errichten und weihte Apollon seine Flügel. Nach Vergil entstand dieses Heiligtum allerdings in Cumae.

Doch Minos versuchte mit seiner Flotte, Daidalos auf Sizilien zu finden. Dazu ersann und verbreitete er eine Aufgabe, von der er richtigerweise annahm, dass sie nur durch den geschickten Daidalos lösbar sei: Wie zieht man einen Faden durch ein spiralig gewundenes Schneckenhaus? Daidalos bohrte das Gehäuse in der Mitte an, befestigte an einem Ende des Fadens eine Ameise, die er durch das Loch kriechen ließ und lockte sie am Ende des Spiralgangs mit einem Tropfen Honig an. König Kokalos erlangte Kenntnis von der Lösung und verriet sich. Als Minos Daidalos' Auslieferung verlangte, täuschte Kokalos Minos Gastfreundschaft vor und lud ihn zum Bade, wo Minos durch Kokals Töchter ermordet wurde.

Andere Überlieferungen berichten, dass Daidalos selbst Minos mit brühend heißem Wasser übergossen habe bis dieser starb.

Die erhaltenen mythologischen Überlieferungen brechen mit dem Tod des Minos ab. Es kann daher nur vermutet werden, dass Daidalos auf Sizilien starb. Der römische Gelehrte Plinius der Ältere schrieb ihm zahlreiche Erfindungen zu, so zum Beispiel das Senkblei, die Säge, den Bohrer sowie den Fischkleister  und Pausanias sah in ihm den Urheber zahlreicher archaischer Kultfiguren aus Holz





Daidalos (Bronzestatue, 3. Jahrhundert, Plaošnik, Makedonien)




Ikarus



Ikarus oder Ikaros (altgriechisch Ἴκαρος, latinisiert Icarus) ist in der griechischen Mythologie der Sohn des Daidalos.

Mythos

Ikarus und Dädalus wurden - als Strafe, weil Dädalus dem Theseus hilfreiche Hinweise zur Verwendung des Ariadnefadens gegeben hatte - von König Minos im Labyrinth des Minotauros auf Kreta gefangen gehalten. Da Minos die Seefahrt und das Land kontrollierte, erfand Dädalus Flügel für sich und seinen Sohn. Dazu befestigte er Federn mit Wachs an einem Gestänge. Vor dem Start schärfte er Ikarus ein, nicht zu hoch und nicht zu tief zu fliegen, da sonst die Hitze der Sonne beziehungsweise die Feuchte des Meeres zum Absturz führen würde. Zuerst ging alles gut, aber nachdem sie Samos und Delos zur Linken und Lebinthos zur Rechten passiert hatten, wurde Ikarus übermütig und stieg so hoch hinauf, dass die Sonne das Wachs seiner Flügel schmolz, woraufhin sich die Federn lösten und er ins Meer stürzte. Der verzweifelte Dädalus benannte die Insel, auf der er seinen Sohn beigesetzt hatte, zur Erinnerung an sein Kind Ikaria.

Der Ikarus-Mythos wird im Allgemeinen so gedeutet, dass der Absturz und Tod des Übermütigen die Strafe der Götter für seinen unverschämten Griff nach der Sonne ist. Nach Ovid ließen die Götter Ikarus aus Rache sterben, weil Dädalus seinen Neffen und Schüler Perdix aus Neid auf sein Können ermordet hatte




                                        Dädalus und Ikarus, Relief in der Villa Albani (Rom)



                                              Statue des Ikarus, römisch, Joanneum Graz


Luftfahrt in Asien

 

Kong-Ming-Laterne


Eine Kong-Ming-Laterne ist ein Lampion in Leichtbauweise, der in die Luft aufsteigen kann und bei dem der Auftrieb durch Erwärmung der im Ballonkörper enthaltenen Luft mittels einer eigenen Feuerquelle erzeugt wird. Sie wurde vor fast 2000 Jahren in China erfunden, und ist damit der älteste Heißluftballon der Welt. Seit Anfang der 2000er Jahre werden Kong-Ming-Laternen auch in Europa bekannt, in Deutschland sind sie jedoch in fast allen Bundesländern verboten. Andere Handelsnamen sind Himmelslaterne, Sky-Laterne (天燈 / 天灯 tiāndēng ‚Himmels-Lampion‘, englisch Sky lantern), auch Glückslaterne, Wunschlaterne oder aus dem Thailändischen Khoom Loy.

Bauweise und Prinzip


Eine nach unten offene Papiertüte wird durch einen runden Rahmen aus einem zarten Bambusspan und 2 Drahtspeichen aufgespannt. Die Höhe beträgt etwa einen Meter und der Durchmesser etwa 40 bis 60 Zentimeter. In der Öffnung hängt ein mit einer brennbaren Flüssigkeit oder Wachs getränkter Baumwollstoff, Papier oder poröser Körper. Die Flamme beleuchtet die Laterne und erzeugt den Auftrieb, der nach dem Prinzip eines Heißluftballons funktioniert. Die Luft im Inneren der Laterne wird durch das Einströmen der Flammenbrandgase erwärmt, dehnt sich aus und ihre Dichte sinkt unter die der Außenluft. Damit wird die Laterne leichter als ihre Umgebung, was einen Auftrieb bewirkt und zum Aufsteigen der Laterne führt. Durch das dünne Seidenpapier erstrahlt die Laterne hell, und ist auf etliche Kilometer sichtbar.
Schon etwas Wind oder Luftturbulenz führt zu starkem Schwanken des Ballons noch in der Haltephase und verhindert sicheres Starten. Je nach Größe von Ballon und Brennstoffportion aber auch der Umgebungstemperatur dauert die Brennphase 5 bis 30 Minuten, wobei die Flamme etwa mit dem kleiner werdenden Brennteil kleiner wird, passend zum geringer werdenden Auftriebsbedarf. Zuletzt (Mitte 2009 in Österreich) verkaufte Exemplare hatten schon brandhemmend mit Salzen imprägniertes Papier. Bei klarem Nachthimmel und etwas Wind entfernte sich ein Ballon nach 20 Minuten so weit, dass er nur mehr punktförmig und so hell wie ein sehr heller Stern am Himmel erscheint.

Geschichte

Die Kong-Ming-Laterne wurde vor fast 2000 Jahren vom chinesischen Militärführer und Gelehrten Zhuge Liang entwickelt, dessen Rufname Kungming war (daher der Name der Laternen), und zur Kommunikation eingesetzt. Der Überlieferung nach waren er und seine Armee von Feinden umzingelt, mit den Ballons konnten sie jedoch um Hilfe rufen. Durch die große Flughöhe sind die Laternen über viele Kilometer sichtbar. Später wurden die Laternen zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten oder verschiedenen Festen benutzt, sie sollten Glück bringen und Wünsche erfüllen. Eines der bekanntesten Feste wo die Laternen benutzt wurden und werden ist das Chinesisches Laternenfest, dessen Ursprünge bis in das dritte Jahrhundert zurückreichen.

2005 wurden am Strand von Khao Lak (Thailand) 5000 Kong-Ming-Laternen im Gedenken an die Opfer des Seebebens im Indischen Ozean 2004 in den Nachthimmel geschickt.
In Europa sind die Laternen seit 2006 frei erhältlich, nach mehreren Unglücksfällen wird ihr Gebrauch jedoch zunehmend reglementiert, beziehungsweise gänzlich untersagt.







Drachen


Ein Drachen (nach chinesischen, als Drachenbilder ausgeführten Drachen) oder auch Kite (engl.) ist ein Spiel- und Sportgerät, das mit Wind betrieben wird. Er besteht in der einfachsten Ausführung aus einem Segel, das in der Regel durch ein Gestänge aufgespannt wird und einer am Gestänge befestigten Leine, die vom Drachensteigenden (im Drachensport oft: Pilot) gehalten wird. Der Drachen wird so in den Wind gestellt, dass durch die Anströmung der Luft gegen das Drachensegel aerodynamischer Auftrieb entsteht und der Drachen nach oben steigt.

Es gibt auch ein Drachenfliegen ohne Wind, bei dem die Luftanströmung durch Fortbewegung des Piloten erzielt wird. Auf diese Weise kann bei Windstille oder in geschlossenen Räumen geflogen werden.

Funktionsweise

Ein Drachen bezieht seine Auftriebsenergie aus dem Wind, der über die Segelfläche gelenkt wird. Er fängt den Wind nicht ein wie ein Fallschirm, sondern er leitet den Wind über seine Auftriebsflächen und legt sich auf die Strömung oder lässt sich vom Unterdruck über der Segelfläche emporziehen. Dazu muss ein Drachen eine Strömungsrichtung definieren und sich in die geeignete Richtung in den Wind drehen. Kastendrachen erreichen dies mit den senkrechten Flächen des Kastens, die den Drachen in die Richtung mit dem kleinsten Widerstand rücken. Flachdrachen leiten die Windströmung von der Mitte nach außen ab, indem sie sich im Winddruck beugen, also die äußeren Segelspitzen nach hinten biegen. Um auch bei geringen Windgeschwindigkeiten stabile Fluglagen zu erzielen, ist in der Regel das Quergestänge bereits gewinkelt angebracht.

Geschichte

Ursprung der Drachen

Der Ursprung der Drachen ist heute nur noch sehr schwer feststellbar.

Es gibt Hinweise, dass die Drachen bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. erfunden wurden. Die erste geschichtliche Erwähnung von Drachen als Flugobjekt stammt aus dem China des 5. Jahrhunderts v. Chr. Jüngste Funde im indonesischen Raum lassen jedoch die Möglichkeit offen, dass Drachen als Flugobjekt noch wesentlich älter sein könnten.




Luftfahrt inAmerika



Die kolumbianischen Goldflieger

Die kolumbianischen Goldflieger sind mehrere Goldschmuckstücke im Tolima- und Quimbaya Stil, die in kolumbianischen Schachtgräbern gefunden wurden und in die Zeit um 100 bis 1000 n. Chr. datieren. Die Objekte sind nur wenige Zentimeter groß, haben einen torpedoförmigen Rumpf, deltaförmige Seitenflügel und eine senkrechte Heckflosse. Die meisten der Objekte dieser Art werden im „Museo del Oro“ (Goldmuseum) der „State Bank“ in Bogotá (Kolumbien) und im Überseemuseum Bremen aufbewahrt, doch auch in anderen Museen finden sich solche Exemplare (etwa im Völkerkundemuseum in Berlin-Dahlem).
  • Interpretation der Prä-Astronautik
Einzelne Bestandteile der Figuren weisen unnatürliche Formen auf (Deltaflügel, senkrechte Heckflosse). Es handelt sich demnach um Modelle von Flugzeugen, die die Einheimischen jener Zeit nach realen Vorbildern bauten.
  • Interpretation der Natur- und Geisteswissenschaft:
Es handelt sich um die Nachbildung flugfähiger Fische. Andererseits kann auch der Meerengel oder Engelshai in Frage kommen, der anatomisch einige Besonderheiten (z. B. die deltaförmigen Brustflossen) mit den Goldobjekten teilt.
  • Interpretation der Ingenieurswissenschaft:
Untersuchungen im Windkanal am Aeronautical Institute, New York lassen nicht unbedingt auf Flugzeuge schließen, da ja neben den Vögeln auch Fische über einen aerodynamischen Aufbau verfügen (müssen) um sich optimal in ihrem Milieu bewegen zu können. Flugfähige Modelle bauten unter anderem Algund Eenboom und der Luftwaffenoffizier Peter Belting (Deutschland), weitere Untersuchungen fanden an der TU Bremen statt.
Ein ähnlich geartetes Beispiel sind die Holzvögel von Sakkara, Ägypten, aus dem 2. Jahrhundert v. Chr.





Luftfahrt in Indien

Mahabharata


Das Mahabharata (Sanskrit, महाभारत, n., mahābhārata „die große Geschichte der Bharatas“) ist das bekannteste indische Epos. Man nimmt an, dass es erstmals zwischen 400 v. Chr. und 400 n. Chr. niedergeschrieben wurde, aber auf älteren Traditionen beruht. Es umfasst etwa 100.000 Doppelverse.

Bedeutung

Große indische Dichter, wie z. B. Kalidasa, haben immer wieder auf das Mahabharata sowie auf das Ramayana, das zweite große Volksepos Indiens, zurückgegriffen. Die Epen bilden zusammen mit den Puranas und anderen Werken als Bestandteile der Smritis den Kern der hinduistischen Überlieferung. Den bedeutendsten philosophischen Text des Mahabharata, die Bhagavadgita, zählt man oft zu den Shrutis, den Offenbarungsschriften. Zusammen mit dem tibetischen Epos des Königs Gesar gehört das Mahabharata zu den umfangreichsten literarischen Werken der Welt.
Das Werk ist eines der wichtigsten Dharma-Bücher und darum für Hindus ein wichtiger Leitfaden. Es schneidet alle Aspekte hinduistischer Ethik an, weist einerseits orthodoxe Äußerungen auf, etwa über die Aufgaben der Kasten und Frauenpflichten, dann wiederum erhebt es an vielen Stellen heftigen Protest dagegen.
Mit seiner großen Anzahl an Geschichten und Motiven, sowie seinen unzähligen religiösen und philosophischen Parabeln wird die Bedeutung des Epos am besten mit dem Satz aus dem ersten Buch zusammengefasst: „Was hier gefunden wird, kann woanders auch gefunden werden. Was hier nicht gefunden werden kann, kann nirgends gefunden werden.

Entstehung

Das Mahabharata ist sowohl Heldenepos, als auch ein bedeutendes religiöses und philosophisches Werk, dessen Ursprung möglicherweise in vedischer Zeit liegt. Traditionell wird der mythische Weise Vyasa als Autor angenommen, der in der Geschichte selbst eine Rolle spielt. Der Legende nach soll er es komponiert und dem elefantenköpfigen Gott Ganesha diktiert haben. Im Laufe der Jahrhunderte kam es immer wieder zu Veränderungen und Weiterentwicklungen des Werks, denn vieles wurde lange Zeit nur mündlich überliefert. Es besteht aus vielen Schichten, die sich im Laufe der Zeit anlagerten.

Inhalt

Das Mahabharata ist in achtzehn Kapitel und eine Appendix unterteilt und enthält neben der Hauptgeschichte hunderte von Nebengeschichten und kleinere Episoden. Grundsätzlich beschäftigt sich das umfangreiche Epos mit allen Themen, die im Hinduismus wichtig sind: mit dem Leben der Geschöpfe, mit Tod und Wiedergeburt, mit Karma und Dharma (Rechtschaffenheit), beschreibt Glück und Leid, die Ergebnisse der guten und der schlechten Taten, das Opfer, sowie die verschiedenen Zeitalter, es beschäftigt sich mit den Göttern und überliefert uralte Hymnen.
Die Rahmenhandlung beschreibt den Kampf der Kauravas mit den Pandavas, zweier verwandter Fürstenfamilien, auf dem Schlachtfeld in Kurukshetra (nördlich von Delhi). Es ist sehr wahrscheinlich, dass es sich im Kern um ein historisches Geschehen handelt, für viele Inder sind die Begebenheiten Tatsache. Der Kampf wird als schrecklicher Bruderkrieg dargestellt, bei dem viele Menschen starben. Er bildet auch den dramaturgischen Hintergrund der Bhagavad-Gita (Gesang Gottes), in der es um philosophisch-religiöse Inhalte geht.

Die Hauptgeschichte:

Ein Fürst aus dem alt-indischen Herrschergeschlecht der Bharatas hatte drei Söhne: Dhritarashtra, Pandu und Vidura. Der älteste, der blinde Dhritarashtra, konnte wegen seiner Blindheit den Thron nicht besteigen. Trotzdem übertrug der regierende Pandu nach einiger Zeit den Thron seinem blinden Bruder und zog sich mit seinen beiden Frauen Kunti und Madri in die Wälder zurück. Dort wurden ihm, bevor er starb, fünf Söhne geboren, die Pandavas (Söhne von Pandu): Yudhishthira, Bhima, Arjuna, sowie die Zwillinge Nakula und Sahadava. Der regierende blinde König Dhritarashtra hatte einhundert Söhne, die Kauravas (benannt nach dem Urahn Kuru), von denen der älteste, Duryodhana, zum Hauptgegenspieler der Pandavas wurde.
Der Haupterzählstrang des Mahabharata beschäftigt sich mit dem Konflikt zwischen diesen beiden verwandten Familien und ihren Verbündeten. Die Kauravas unter Führung von Duryodhana versuchen immer wieder, ihre Cousins – die Pandava-Brüder – zu beseitigen, um ihren eigenen Anspruch auf den Thron zu sichern. Aber die Pandavas können entkommen und streifen einige Jahre zusammen mit ihrer Mutter Kunti als Asketen verkleidet umher. Am Ende dieser Zeit gewinnt Arjuna die Hand der Prinzessin Draupadi auf ihrer Gattenwahl. Doch aufgrund ihres vorbestimmten Schicksals und durch ein Missverständnis von Kunti wird sie zur Ehefrau aller fünf Pandavas. Denn als die fünf Brüder zu ihrer Mutter Kunti nach Hause kamen, meinte diese, ohne aufzuschauen und ohne die neue Schwiegertochter bemerkt zu haben, sie sollten untereinander alles teilen, was sie mitgebracht hätten. Da einem Befehl der Mutter nicht widersprochen werden durfte, heiratete Draupadi alle fünf Söhne, obwohl dies nicht Sitte war, und trotz der Bedenken des regierenden Königs Dhritarashtra.
Im weiteren Verlauf der Geschichte besitzen die Pandavas und die Kauravas je ein Königreich, damit der Frieden gesichert werden kann. Aber die Kauravas organisieren ein Würfelspiel, in dem die Pandavas ihr gesamtes Königreich verlieren. Schließlich müssen die Pandavas zwölf Jahre lang im Exil leben und sich dann im dreizehnten Jahr unerkannt in der Gesellschaft aufhalten. Doch selbst nach diesen dreizehn Jahren verweigern die Kauravas unter der Führung von Duryodhana die Rechte der Pandavas, wobei sich auch der regierende blinde König Dhritarashtra mit seinem Beraterstab auf die Seite seiner Söhne stellt.
So kommt es zum großen Krieg, bei dem elf Stämme auf der Seite der Kauravas gegen sieben auf der Seite der Pandavas kämpfen. Auch der mit beiden Familien verwandte König Krishna, von dem es heißt, dass er ein Avatar des Gottes Vishnu sei, beteiligt sich als Wagenlenker des Pandava Arjuna an der Auseinandersetzung. Vor Beginn der großen Schlacht vermittelt Krishna ihm die Lehren der Bhagavad-Gita. Schließlich, nach unsäglichem Leid auf beiden Seiten, gewinnen die Pandavas und führen ihr Volk in eine glückliche Zeit.
Nach einigen Jahren gehen die Pandava-Brüder mit ihrer Frau Draupadi auf eine Pilgerreise in den Himalaya. Bis auf Yudhishthira sterben unterwegs nacheinander alle. Ihm schließt sich ein Hund an, der ihm bis zum Himmelstor folgt. Nun wird der Pandava geprüft und er muss seine Lieben unter Qualen in der Hölle finden. Doch als sich herausstellt, dass Yudhisthira eher bei seiner Frau, seinen Brüdern und dem Hund bleiben will, als ohne diese die himmlische Herrlichkeit zu genießen, fällt sein menschlicher Körper endgültig von ihm ab und er erkennt, dass alles ein Trugbild zu seiner Prüfung war.

Deutung

Wie in allen hinduistischen Epen sind auch im Mahabharata Gut und Böse nicht polarisiert: Die „Bösen“ zeigen immer auch gute, liebenswerte Eigenschaften, wogegen die „Guten“ auch Schwächen haben und notfalls zu List und Lüge greifen: So gilt etwa Yudhisthira, der Älteste der fünf Pandava-Brüder, als Verkörperung von Dharma, der Rechtschaffenheit. Im verzweifelten Kampf in Kurukshetra spricht er trotzdem eine bewusste Lüge, damit der unbesiegbare Drona seine Waffen endlich niederlegt und geschlagen werden kann. Daraufhin senkte sich sein Kampfwagen, welcher bis dahin immer darüber geschwebt war, auf die Erde hinab. Diese Lüge trug schließlich auch dazu bei, dass die große Schlacht, weit jenseits jeglicher Kriegerehre, in einem Blutbad endete.

Legende
  • 1: Vyasa ist der Sohn des Weisen Parashara und der Fischerstochter und späteren Königin Satyavati. Er gilt der Legende nach als Verfasser des Mahabharata.
  • 2: Bhisma ist der Sohn des Königs Santanu und der „Göttin“ Ganga. Damit sein Vater Santanu die Fischerstochter Satyavati nach dem „Weggehen“ von Ganga heiraten kann, schwört er, keinen Anspruch auf den Thron zu erheben und kinderlos zu bleiben.
  • 3: Um die Königslinie des Geschlechts der Kuru zu erhalten sind Pandu und Dhritarashtra nach dem Tode des Königs Vichitravirya auf Wunsch der Königinmutter Satyavati von Vyasa gezeugt worden.
  • 4: Die Pandavas sind als Söhne Pandus anerkannt (obwohl sie von verschiedenen Göttern gezeugt wurden).
  • 5: Karna ist von Kunti vor der Heirat mit Pandu geboren worden.
  • A: Kunti ist die erste Frau des Königs Pandu. Sie ist die Mutter von Yudhistira, Bhima, Arjuna und Karna.
  • B: Madri ist die zweite Frau des Königs Pandu. Sie ist die Mutter der Zwillinge Nakula und Sahadeva. Nach dem Tode des Königs Pandu ist sie es, die mit dem Leichnam verbrannt wird.

Struktur

Das Mahabharata ist in achtzehn Parvas (Bücher, Kapitel) unterteilt:
  1. Adiparva – Einführung, Geburt und frühe Jahre der Prinzen
  2. Sabhaparva – Leben im Königshof, das Würfelspiel, und das Exil der Pandavas.
  3. Aranyakaparva (auch Vanaparva, Aranyaparva) – Die 12 Jahre im Exil.
  4. Virataparva – Das letzte Jahr im Exil
  5. Udyogaparva – Vorbereitungen für den Krieg
  6. Bhishmaparva – Der erste Teil des großen Kriegs, mit Bhisma als Kommandant der Kauravas.
  7. Dronaparva – Der Krieg geht weiter, mit Drona als Kommandant.
  8. Karnaparva – Wieder der Krieg, mit Karna als Kommandant.
  9. Salyaparva – Der letzte Teil der Schlacht, mit Salya als Kommandant.
  10. Sauptikaparva – Ashvattama und die letzten Kauravas töten die Pandava Armee im Schlaf.
  11. Striparva – Gandhari und andere Frauen trauern um die Toten.
  12. Shantiparva – Die Krönung von Yudhishthira, und seine Instruktionen von Bhishma
  13. Anushasanaparva – Die letzten Instruktionen von Bhisma.
  14. Ashvamedhikaparva – Die königliche Zeremonie oder Ashvameda, ausgeführt von Yudhisthira.
  15. Ashramavasikaparva – Dhritarashtra, Gandhari, Kunti gehen in ein Ashram, und sterben später
  16. Mausalaparva – Der Kampf unter den Yadavas.
  17. Mahaprasthanikaparva – Der erste Teil des Pfads zum Tod der Pandavas
  18. Svargarohanaparva – Die Pandavas erreichen die spirituelle Welt.
Einige wichtige Geschichten und Texte, die Teil des Mahabharata sind:
  1. Bhagavad Gita – Die Lehren von Krishna an Arjuna. Im Bhishmaparva.
  2. Nala und Damayanti – eine Liebesgeschichte. Im Aranyakaparva.
  3. Krishnavatara – die Geschichte von Krishna.
  4. Rama – eine Zusammenfassung des Ramayana. Im Aranyakaparva.
  5. Vishnu sahasranama – berühmte Hymne an Vishnu. Im Anushasanaparva.
  6. Anugita – ein weiterer Dialog von Krishna mit Arjuna.
  7. Geschichte vom Fisch Avatar Vishnus, der in Gestalt des Fisches lehrt. Im Varnaparva
  8. Das Quirlen des Milchozeans – Erscheinen der Göttin Lakshmi aus dem Urmeer und Vishnus
Avatar als Schildkröte. Im Adiparva

Geschichtliche Hypothesen

Manche früheren Historiker sahen im Kampf zwischen Kauravas und Pandavas die dichterische Verarbeitung des Konflikts zwischen arischen Stämmen, den Aryas, die, wie angenommen wird, ab etwa 1500 v. Chr. in Nordindien einwanderten, und der „Urbevölkerung“ Nordindiens. Dafür spricht die in den restlichen Teil der Erzählung eingefügte Philosophie der Bhagavad Gita, die den Kampf rechtfertigt. Diese Theorie verlor allerdings aufgrund archäologischer Funde und genetischer Untersuchungen die wissenschaftliche Unterstützung.

Gegen die Theorie eines Krieges zwischen Ariern und Urbevölkerung spricht außerdem, dass es sich beim beschriebenen Kampf zwischen Pandavas und Kauravas um einen Kampf zwischen Verwandten handelte, was eher dafür spräche, dass er innerhalb der arischen Stämme stattfand.
Die Historizität, und erst recht die Datierung des Mahabharata-Kriegs ist unklar; archäoastronomische Kalkulationen, die ihn verschiedentlich auf 1478 v. Chr., 1924 v. Chr. oder 3137 v. Chr. festlegen sind weitgehend diskreditiert. Im Jahr 3102 v. Chr. fängt nach hinduistischer Mythologie das Kali Yuga an, das dunkle Zeitalter, es soll der Zeitpunkt von Krishnas Tod am Ende des Mahabharatas sein.




Vayu


Vayu (Sanskrit वायु, Vāyu, „Wind“, „Luft“) ist der vedische Gott des Windes, der Luft und des Lebenshauches (Prana) und dessen Personifizierung. Im Rigveda wird ihm nur eine einzige Hymne ganz gewidmet, er erscheint jedoch auch in anderen Hymnen. Er wird in Verbindung gebracht mit dem Gewitter, Wirbelstürmen und staubigen Stürmen, während der Gott Indra in Verbindung mit einer Brise oder Fruchtbarkeit bringenden Regenstürmen gebracht wird. Eine Rivalität mit Indra ist so auch in den Veden zu finden. Mit diesem und Agni bildet er eine vedische Göttertriade.
Vayu stellt den Atem Varunas dar und wird auch mit dessen Attribut des Tausendäugigen bezeichnet. Andere Attribute sind seine rasende Schnelligkeit gleich den Gedanken und seine Schönheit. Er verfügt über einen leuchtenden Wagen, der von zwei, neunzehn, hundert oder sogar tausend Pferden gezogen wird, je nachdem, ob er als Wind kommt, als Sturm oder gar Zyklon . Das Reittier ist eine Antilope (Vayu Vahana) und in seinen Händen hält er Flagge, oft auch Pfeil und Bogen, Donnerkeil, Rad und Stab . Seine Körperfarbe ist weiß und sein Gewand ist bunt. Vayu gilt als Schwiegersohn von Tvashtar. Gemeinsam mit Mitra und Varuna kann Vayu auch als zornige Gottheit erscheinen. Er gilt jedoch auch als Arzt und wunderbarer Heiler.. Er wird um Schutz angerufen und verleiht Ruhm und Reichtum, außerdem sorgt er für Nachwuchs und vernichtet Feinde. Manchmal gilt er auch als oberster der Gandharvas und gelegentlich als Vater der Maruts. Im späteren Hinduismus gilt Vayu nicht mehr als gutartig, sondern als zerstörerischer, unausgeglichener, unberechenbarer, destruktiver Gott, der seine Gefühle nicht unter Kontrolle hat  und voll von Begierden ist. Er durchstreift Himmel und Erde und regiert das nordwestliche Viertel der Welt (Lokapala). Vayu gilt als zügellos und deshalb hat er überall uneheliche Nachkommen. Als ein Sohn Vayus gilt z.B. auch der Affengott Hanuman, der von Vayu die Fähigkeit des Fliegens erhält, sowie Bhima, der stärkste der Pandava, der Helden des Mahabharata. Verheiratet ist er mit der Göttin Vayavi.
In einem hinduistischen Mythos wird Vayu vom Maharishi Narada dazu angestiftet, den Gipfel des Meru zu stürzen. Dies wird jedoch von Garuda verhindert, der seine Schwingen über den Berg ausbreitet. Vayu versucht ein Jahr lang, den Berg zu zerstören und hat damit erst Erfolg, als Garuda am Ende des Jahres abwesend ist. Die Bergspitze fällt daraufhin ins Meer und liegt dort nun als die Insel Sri Lanka.
In manchen indischen Sekten wird Vayu 'Träger der Düfte' genannt und gilt als Beschützer und Diener des Paares Vishnu und Lakshmi. Vayu ist auch für die Aufrechterhaltung von Vishnus Lotus zuständig, der in seinem Bauchnabel wächst und aus dem der Gott Brahma geboren wird.




Agni

Agni (Sanskrit m., अग्नि Agni „Feuer“, „Gott des Feuers“) ist im Hinduismus die Feuerform des Göttlichen und ist einer der wichtigsten Götter der Vedischen Religion. Physikalisches Phänomen und Gott sind kaum zu unterscheiden. Agni existiert sowohl in himmlischer, unsichtbarer als auch in irdischer, sichtbarer Form. Der Gott beschützt sowohl das sakrale Opferfeuer als auch das häusliche Herdfeuer. Er gilt als Mittler zwischen Menschen und Göttern (Götterbote), da er diesen die Opfer bringt (Opferbote), darum wird er auch als "Esser der Opfergaben" sowie als "Mund der Götter" bezeichnet. Mit Indra und Vayu zusammen bildet er eine vedische Göttertriade.

Bedeutung

Viele Stellen in den vedischen Hymnen, den ältesten Schriften der Hindus, nennen ihn „den alles durchdringenden Geist“, dessen Manifestationen die Devas, die Götter, sind. Agni manifestiert sich als Feuer auf der Erde in Holz und Stein, aber als Blitz in der Luft - dann ist er Indra und als Sonne am Himmel - dann ist er Surya.
Als seine Eltern gelten Himmel und Erde (Prithivi), die er gleich nach seiner Geburt verschlingt. Teilweise wird aber auch Aditi als seine Mutter genannt, weshalb er auch ein Aditya ist. Obwohl Agnis wohltätige und gütigen Charakterzüge überwiegen, hat er auch eine furchteinflössende Seite, die sich unter anderem daran zeigt, dass die Leichen der Toten traditionell als seine Beute gelten.
Gemessen an der Zahl der an ihn gerichteten Hymnen nimmt er in der Rigvedasamhita die zweite Stelle ein, acht der zehn Lieder-Kreise (Bücher) der Rigvedasamhita beginnen mit der Preisung Agnis. Agni symbolisiert auch das Feuer als männliche Kraft, wie es wohl in allen frühen, indogermanischen Kulturen neben der ursprünglichen Vorstellung eines sachlichen Feuers (germ. fiur, gr. pyr) existiert hat (vgl.: lat. ignis, russ. ogon, beide etymologisch verwandt mit agni). Als solche Kraft wurde Agni omnipräsent gedacht, zum Beispiel in der Sonne, oder als Verdauungsfeuer (Jataragni) in den Mägen der Menschen.

Im Gegensatz zu den anderen vedischen Göttern ist er ein sesshafter Gott und hat eine besondere, persönliche, enge und vertraute Beziehung zu den Menschen. Dies liegt insbesondere daran, dass Agni als eine Art Bote zwischen Menschen und Göttern agiert. Er überbringt den Göttern die Einladung zum Opfer sowie die Wünsche und Opfergaben (den Rauch) der Menschen, mit denen er zum Himmel emporsteigt. Auch sucht er die Götter und führt sie zum Opferplatz. Aufgrund dieser bedeutenden Stellung beim Opfer beginnt auch die erste Hymne der Rigveda sowie jedes Opfer mit seiner Anrufung. Er ist der "Voranstehende" (purohita) der Götter und gilt als eine Art Schutzschild der Menschen. Agni kann daher auch als oberster "Opferpriester" betrachtet werden. Er ist der Führer, Herr, Verteidiger, Hüter und Schirmherr der menschlichen Gemeinschaft, der sie vor Feinden und Plagen beschützt, die Dunkelheit vertreibt und den Menschen Wohlstand bringt. Als Weltenhüter reinigt er Menschen nach ihrem Tod von ihren Sünden und bringt ihnen so die Unsterblichkeit. Somit gilt er auch als wahrer Freund der Menschen und insbesondere der Familie, der auch in jedem Haus in Form des Herdfeuers wohnt und die Geheimnisse der Menschen kennt. (Die Verehrung des Herdfeuers findet sich in vielen Religionen, so auch in denen der Römer und Zoroastrier.) Er ist im Allgemeinen kein zorniger Gott, der beschwichtigt werden muss, sondern ein wohltätiger und den Menschen freundlich gesinnter Gott. Von den Veden wird ihm stets eine gewisse intellektuelle Redlichkeit sowie große Weisheit zugesprochen. Er ist ein wachsamer, altersloser, unüberwindbarer Gott. In den an ihn gerichteten Hymnen werden ihm hauptsächlich Dankbarkeit und Anerkennung für seine vermittelnde Rolle beim Opferfeuer entgegengebracht. Seine Wichtigkeit ergibt sich unmittelbar aus der zentralen Bedeutung des Opferfeuers Yajna, die zur vedischen Zeit nahezu einzige und wichtigste Form des Opfers.

Verheiratet ist Agni mit Svaha ("So sei es"), der Göttin des Segenswunsches bei Opferfeuer, die ihn in seiner Funktion als Opfergott ergänzt. Seine Brüder sind Indra und Surya. Als Sohn der Aditi zählt er zum festen Kreis der Adityas. In manchen Überlieferungen gilt Agni und nicht Shiva als Vater des Kriegsgottes Skanda.

In der nachvedischen Zeit verliert Agni an Bedeutung. Trotzdem spielt er im heutigen Glaubensleben der Hindus eine wichtige Rolle: Zu bestimmten Anlässen, besonders wenn es um Reinigungszeremonien wie Einweihung von Wohnungen, Geschäften oder dergleichen geht, entzündet der Priester rituell das heilige Feuer. Im Feueropfer, heute auch Homa oder Havan genannt, wird Agni verehrt. Bei einer Wohnungseinweihung etwa trägt der Priester oder der Besitzer die Schüssel mit dem glimmenden Feuer segnend durch alle Räume. Besonders bei allen Samskaras, den hinduistischen Sakramenten, ist in allen Fällen die lebendige Anwesenheit des Göttlichen in seiner Flammenform notwendig:

Ein hinduistisches Paar schließt die Ehe indem es gemeinsam siebenmal um das Feuer herumgeht.
Bei der Verbrennung von Toten zitiert der Priester: „Möge Agni dich dorthin bringen, wohin du gehen musst!“ Und mit Mantren bittet er: „O Agni! Wenn der Körper verbrannt ist, bring den Geist zu seinen Vorfahren!“.

Auch in den beiden wichtigen Hindu-Epen Mahabharata und Ramayana findet Agni regelmäßig Erwähnung. Beispielsweise helfen Indra und sein Sohn Arjuna dem Gott im Mahabharata durch Abbrennen eines Waldes seine Kräfte wiederzuerlangen. Im Ramayana lässt Agni Sita unversehrt aus der Feuerprobe hervorgehen und versorgt auch die Wunden des Affengottes Hanuman, nachdem der "Dämonenkönig" Ravana ihm im Kampf den Schwanz angezündet und verwundet hatte.
In damaliger Zeit war das Feueropfer Yajna wahrscheinlich das wichtigste Opferritual, bei dem die Opfergaben (Fleisch, Soma und Butterschmalz) in das heilige Feuer geworfen wurden (Opferkult). Mit dem Übergang zum Hinduismus, der zum Bilderkult wurde entfiel schließlich seine einstmals wichtige Rolle beim Opfer. Im Gegensatz zum unpersönlichen vedischen Feueropfer ist es heute möglich die Götter persönlich und direkt durch Puja und Darshana zu verehren. Während die Yajnas aber nur von Brahmanen durchgeführt werden konnten, können die Pujas auch von den sogenannten religiösen Laien ausgeführt werden. Heutzutage ist Agni nur noch der Lokapala des Südostens. Agnis Funktion als oberster brahmanischer "Opferpriester" geht in den Brahmanas in die Gestalt des Brahma auf, mit dem er verschmilzt.

Darstellungen

Bildliche Darstellungen zeigen Agni als alten, zwei- oder dreiköpfigen Mann mit drei Zungen, drei Beinen, sieben Armen, sechs Augen und vier Hörnern. Die drei Köpfe, Beine und Zungen stehen für seine unterschiedlichen Geburten, Wohnorte und Erscheinungsformen. Der Gott wird stets in feuerroter Körperfarbe und den Attributen Wasserkrug, Buch, „heilige Schnur“ (Sutra) um den Oberkörper und Flammenschwert dargestellt. Flammen sind sein Gewand und er speit Feuer aus seinem Mund. Seine Fahne ist der Rauch und sein Begleittier (vahana) ein Widder oder eine Ziege. Manche Darstellungen zeigen ihn auch als alten Mann mit langem Bart. Gelegentlich erscheint er aber auch in einem von feurigen Rossen gezogenen Wagen. Der Gott ist alt und doch immer wieder jung. Diese anthropomorphe Form ist jedoch hauptsächlich für die Mythologie wichtig, im Ritual ist er im Feuer präsent.







Ratha

Ratha (Sanskrit: रथ ratha  „Wagen“) ist die Bezeichnung für den indischen Tempelwagen, für frühe südindische Monolith-Tempel in Mahabalipuram und für eine Form des nordindischen Tempelturms, der je nach der Anzahl seiner Vorsprünge als Triratha (drei), Pancharatha (fünf) usw. bezeichnet wird.

Vedischer Ursprung

Der alte indoiranische Begriff ratha bedeutet „Wagen“. Genauer, zur vedischen Zeit verstand man unter Ratha ein leichtes, schnelles, zweirädriges Fahrzeug mit Speichenrädern aus Holz, das gewöhnlich von Pferden gezogen und für den Einsatz im Krieg als Streitwagen, zur Jagd, für Rennveranstaltungen und für zeremonielle Zwecke verwendet wurde. Von dem Wort *rot-o der indogermanischen Ursprache stammen auch das avestische raθa, das lateinische rota und das deutsche Rad ab.
Ein weites Thema für die Geschichtswissenschaft ist der Ursprung und das Verbreitungsgebiet der frühen Pferdewagen im asiatischen Raum; die Arbeitsmethoden haben sich in jüngster Zeit von der archäologischen Forschung auf die Analyse der überlieferten indoiranischen Texte verlagert. Die ältesten archäologischen Nachweise waren Pferdewagen als Grabbeigaben in Zentralasien um 2000 v. Chr., aus derselben Zeit sind Karren mit Speichenrädern aus dem Zweistromland bekannt. Auf einem altsyrischen Siegel ist ein Kampfwagen mit zwei Pferden, einem Wagenlenker und einem hinter diesem stehenden weiteren Mann abgebildet. In Zentralindien gefundene Felszeichnungen mit erzählenden Darstellungen von Pferdewagen werden in das 1. Jahrtausend v. Chr. datiert.
Wie die Indo-Arier in den indischen Raum einwanderten, wird in den vedischen Texten nicht direkt erwähnt. Sie kamen im 2. Jahrtausend v. Chr. aus dem Norden als Krieger und nomadisierende Rinderhirten und hatten als Hauptwaffe schnelle, von Pferden gezogene Wagen, die in den Veden an zahlreichen Stellen als Rathas erwähnt werden.Bereits die ältere Industalkultur, in deren Gebiet die Arier einwanderten, muss, wie Funde von Spielzeugwagen zeigen, Pferdekarren besessen haben. Aus der Zeit der Maurya-Dynastie ab 320 v. Chr. in Nordindien wurden ebenfalls verschiedene Modelle von Transportkarren ausgegraben. Die frühesten realistischen Wagendarstellungen finden sich an den Toren (Toranas) der steinernen Umgangszäune am Sanchi-Stupa und an den buddhistischen Höhlentempeln (Chaitya) von Bhaja aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. Aus dieser Zeit gibt es keine schriftlichen Quellen, die von buddhistischen Bildhauern als Inspirationsquelle verwendeten Jatakas geben keine Detailbeschreibungen zu den Rathas. Felszeichnungen in Chilas am oberen Indus in Nordpakistan aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. zeigen ausnahmsweise, den Wegverhältnissen im Gebirge angemessen, nur wenige Pferdewagen. Dort wurden häufiger Pferde und Reiter abgebildet, auf die es in den Veden nur wenige Hinweise gibt.

Als es im Jahr 326 v. Chr. zur großen Schlacht zwischen der Armee Alexanders und den indischen Truppen kam, bestand die Armee von König Poros traditionsgemäß aus den vier Abteilungen (Caturanga): Kavallerie, Infanterie, Elefanten und Pferdewagen, die mit einem Wagenlenker und einem Schützen, beide stehend, bemannt waren. Die Elefanten waren zu Anfang noch wirkungsvoll, dafür blieben die Pferdewagen schon bald im Schlamm stecken. Dennoch wurden sie, zumindest teilweise, in den Armeen der Maurya-Könige weiter verwendet.
Die indischen Epen Mahabharata und Ramayana stellen Rathas als kostbare Fahrzeuge dar, mit denen die Helden ihre Schlachten kämpften. Zeigten die Abbildungen aus dem Zweistromland allgemein zwei vor den Karren gespannte Pferde, so werden hier im Überschwang vier Pferde und drei Wagenlenker an Wagen mit enormen Proportionen und fantastischer Ausgestaltung beschrieben. Die beiden mittleren Pferde wurden von einem Mann geführt, die anderen Pferde waren an den äußeren Enden der Achse angebunden und bedurften jeweils eines weiteren Lenkers. Möglicherweise handelte es sich dabei nur um die größten der eingesetzten Wagen. Das Arthashastra, ein Lehrbuch der altindischen Kriegskunst, das kurz nach Alexanders Indienfeldzug verfasst wurde, macht genaue Größenangaben zu den Vehikeln und schildert ihren furchteinflößenden Effekt auf das Kampfgeschehen. Die Bauweise der Kampfwagen bestand, praktisch gesagt, aus einem Holzrahmen, der durch Rindslederriemen zusammengebunden war, darauf befand sich eine flache Plattform, ganz oder teilweise umgeben von einem Geländer. Militärisch eingesetzte Rathas waren um das 8. Jahrhundert verschwunden.

Vergöttlichung des Ratha

Die vedischen Kriegswagen standen nur Königen und adligen Kriegern mit ihren Begleitern aus Bogenschützen zu, als „Wächter des Wagens“ war zu beiden Seiten je ein jüngerer Krieger positioniert, der aber denselben Rang besaß. Der soziale Status der Wagenlenker war ebenfalls hoch, aber eine Stufe unterhalb. Gemäß den Epen befanden sich die Wagen inmitten der Armee, von mehreren Elefanten umgeben und streng bewacht. Die Fahrzeuge selbst galten als wertvoll und heilig und waren ein Symbol der Königswürde. Mit den Kriegswagen verbreitete sich auch deren Kult.Das Sonnenrad Swastika ist ein Glückssymbol.

Ab den ältesten Ritualtexten in den Veden gibt es die Ashvins als göttliches Zwillingspaar, pferdeköpfig dargestellte Halbgötter oder Himmelssöhne, deren Name und Kult mit Pferden und Heilkraft, besonders dem heiligen Getränk Soma verbunden ist. Das Ritual der Soma-Pressung wurde in den frühen Morgenstunden durchgeführt, damit die beiden Ashvins auf ihrem Pferdewagen herbeigerufen würden. Vor der aufgehenden Sonne fahren sie über den Himmel daher. Es ist die Verehrung der Morgenröte, die Ashvins wurden auch im Morgenstern und Abendstern gesehen. Wichtiger sind die beiden als vergöttlichte Zwei-Mann-Wagenbesatzung, denn sie waren als in den Hymnen besungene Nothelfer auf ihrem Wagen jederzeit rasch zur Stelle. Als vergöttlichte Zwillingskönige bilden sie eine Analogie zum auf dem Wagen stehenden König und seinem königlichen Priester, der diesen Wagen lenkt. In zahlreichen Mythen im europäischen und asiatischen Raum finden sich Wesensverwandte der Ashvins: göttliche Zwillinge, zwei Pferde und ein Sonnenwagen, der über den Himmel rollt, haben ihren Ursprung in Sumer. Gemäß dem Rigveda umkreisen die Ashvins Himmel und Erde in einem Tag, genauso wie Surya auf seinem Sonnenwagen, nur wird letzterer von sieben Pferden gezogen. Surya kann auch der Wagenlenker der Ashvins sein. Oder es verliebt sich Surya in der weiblichen Form als Tochter der Sonne in die beiden und sie ziehen so über den Himmel.
In der vedischen Frühzeit gab es neben Surya weitere Sonnen- oder Himmelsgötter: Mitra hatte eine achämenidische Entsprechung und war Namensgeber für den römischen Sonnengott Mithras. Der vedische Mitra bewachte, ebenso wie der Hüter der westlichen Welt Varuna, die kosmische Ordnung und den göttlichen Schwur. Beide gelten auch als Ebenbilder der Ashvins und verkörpern dann hell und dunkel, Sonne und Mond. Die eine Sonne kann Licht und Dunkelheit abwechselnd sein. Als Bezeichnung für Tag wird an dieser Stelle des Rigveda arjuna („hell“) und für Nacht krishna („dunkel“) gebraucht. So heißen auch der göttliche Wagenlenker der berühmtesten indischen Schlacht und der tapferste Kämpfer, Krishna und Arjuna.

Opferzeremonien

Im Zentrum vedischer Opferzeremonien stand der Altar, meist als Feueraltar. In den Shulbasutras,einem Anhang der Veden, wird der Bauplan für den Altar (Mahavedi) ausgehend von Längenfestlegungen einzelner Wagenteile vorgegeben. Der Wagen der Götter musste hierzu als Metapher für Opfer im Allgemeinen verstanden worden sein, damit umgekehrt der nach Osten gerichtete Altar den Wagen repräsentieren konnte. Zum Ritual des Vajapeya-Opfers, bei dem jährlich im Herbst die Sonne um Kraft und Nahrung für die neue Jahreszeit gebeten wurde, gehörte ein Wagenrennen, eine heilige Zeremonie. Zuvor wurden die Pferde gebadet, es wurden heilige Schriften rezitiert oder gesungen, abschließend erhielt der Priester einen Topf mit Honig, Lieblingsnahrung der Ashvins, die Wagenlenker konsumierten viel vom alkoholischen Sura, einem Getränk, das ebenfalls mit den Ashvins in Beziehung steht (eine Art Sura war durch Honig fermentierte Milch).

Wiederholung und Reisen

Der Komponist einer religiösen Hymne ist wie der Handwerker, der den Wagen baut. Zahlreiche Stellen im Rigveda beschreiben die Kreativität einer der Tätigkeiten mit dem poetischen Bild der anderen. Alle Götter des Rigveda haben den ihren Eigenschaften entsprechenden eigenen Wagen. Indra benutzt einen Wagen, als er seinen Widersacher, den dreiköpfigen Dämon Vritri mit seinem Donnerkeil umbringt. Es ist das beherrschende Thema der vedischen Mythologie und bewirkt im Ergebnis eine Neuerschaffung der Welt. Sein am Kampfgeschehen beteiligter Wagen wird dabei mit dem Aggressionsinstrument gleichgesetzt.
Wichtigste Metapher für den Ratha ist seine leichte Beweglichkeit, der leichteste ist der windgetriebene Vayu-Ratha des Windgottes Vayu, er verkörpert die sich geräuschvoll ewig bewegende Luft. Das Bild des Wagenfahrens wird zur Idee der Reise über die Zeit hinaus. Das individuelle Selbst (Atman) findet seine Erlösung in der Erkenntnis, dass Atman der Eigentümer des Wagens und der eigene Körper der Wagen ist, mit der Ursache von allem, die im Wagenlenker (Vishnu) personifiziert ist. Dessen Gedanken sind die Zügel.

Rathas als Tempelwagen

Neujahrsfeste sind die wichtigsten Opferrituale. Ein vedisches Feueropfer zur Verehrung der Sonne in heutiger Form ist Ratha Saptami. Gläubige baden vor Sonnenaufgang mit einer Lampe auf dem Kopf. Anschließend wird für Surya im Hof vor dem Haus das Bild des Sonnenwagens mit sieben Pferden in Form eines Rangoli mit Farbpulver auf den Boden gezeichnet. In der Mitte wird Kuhdung verbrannt, der Dampf gekochter Milch soll die Sonne erreichen. Wenn Surya im Wagen seine Reise fortsetzt, hat die neue Jahreszeit begonnen.
Die vedischen Götterfahrzeuge werden zur unermesslichen Größe gesteigert, wenn sie, detailgetreu in Holz in der Stiltradition von Steintempeln nachgebaut, plötzlich zu rollen beginnen. In diesen Rathas wird die aus dem Tempel geholte Götterfigur in einem jährlichen Wagenfest einmal durch die Stadt gezogen – der Gott bestätigt die Schöpfung seiner Welt – und kehrt abschließend wieder zurück. Solche Prozessionen werden vor allem in den südlichen Bundesstaaten Tamil Nadu und Kerala, in Orissa und auch im Kathmandu-Tal veranstaltet.
Die „Pilgerreise des Wagens“ lautet übersetzt ein Ratha Yatra. Eines der größten dieser Pilgerfeste ist das Tempelfest, das jedes Jahr im Juni-Juli vor dem Jagannath-Tempel in Puri stattfindet. Jagannath ist „Herr des Universums“ und auch eine Form Krishnas, aus dessen Mythologie einer der Anlässe für das Fest stammt. Die Kultbilder von Jagannath, seinem Bruder Balbhadra und seiner Schwester Subhadra werden in drei Prozessionswagen von mehreren tausend Menschen in das drei Kilometer entfernte Gundicha Mandir gezogen, verbleiben dort für sieben Tage in einer Art Sommerresidenz, bis sie wieder zurückgebracht werden. Die Tempelwagen in Puri werden jedes Jahr in zweimonatiger Arbeit neu gebaut, am Ende der 15-tägigen Veranstaltung werden sie in ihre Einzelteile zerlegt und als Reliquien von den Gläubigen mitgenommen. Anderswo im Land werden den Rathas am Ende nur die Stoffbekleidungen abgenommen, sie erhalten Unterschlupf in einer Halle oder bleiben im Freien stehen.

Bauform und Bedeutung der Tempelwagen

Ein hölzerner Ratha in Tamil Nadu kann über 20 Tonnen wiegen, bei manchen wird das Gewicht auf 8 Achsen verteilt. Die Höhe der Wagen in Puri beträgt rund 13 Meter, die Stockwerksgliederung ähnelt einem Tempelturm. Die Aufbauten in Puri werden mit bunten Stoffen von einem Kilometer Gesamtlänge behängt und bilden die äußere Hülle. Entscheidend für die Wirkung der Fahrzeuge ist die Holzkonstruktion, die als Blockbau oder Fachwerkrahmen ohne Diagonalstreben erstellt wurde und sich deshalb beim Transport zu den Seiten bewegt und windet und den Eindruck eines bedrohlichen Riesentiers vermittelt. Diese Wirkung wird noch durch die auf ihren Starrachsen rutschenden und einknickenden Holzscheibenräder verstärkt, die zu ruckartigen Bewegungen führen.


Auch außerhalb des indischen Kulturkreises gehören Wagen-Prozessionen zum Bestand von Ritualen, in denen zur Erneuerung der Welt die Ordnung vorübergehend ausgesetzt ist. Die daoistische Fischergöttin Mazu (Tin Hau) wird alljährlich zu ihrem Geburtstag vor allem in Taiwan aus ihren Tempeln geholt und mit bunten Tempelwagen und Sänften durch die Straßen gefahren. Für Chaos sorgen hier zusätzlich Feuerwerkskörper.

Steinerne Rathas ohne Räder

In einer gegenüber den Prozessionswagen umgekehrten Analogie wurden an der Ostküste südlich Chennai Tempelbauten aus einem Granitfelsen herausgemeißelt, die Bauformen aus Holz und Lehm in ein dauerhaftes Material übertragen sollten. Es ist eine abgesonderte Gruppe von fünf Tempeln aus dem 7. Jahrhundert im Süden des Ortes Mahabalipuram, die Pancha Pandava Ratha („fünf Wagen der Pandavas“) genannt wird. Die Miniaturtempel waren als Modelle für künftig zu bauende Kultbauten gedacht. Erstmals wurden in Südindien (von den Pallavas) freistehende Tempel gebaut. Die Bezeichnung als Ratha macht nur insofern Sinn, als dass vier dieser Bauten in einer Reihe wie Prozessionswagen aufgestellt sind.

Alle stehen fest auf profilierten Felssockeln (Pitha). Nachgeahmt wird beim Draupadi-Ratha das einfache quadratische Bauernhaus aus den südindischen Bergen mit vierseitig gekrümmten Dachschalen, die an der Spitze in einer Kreuzblume zusammenlaufen. Die Gesamtform findet sich in Miniaturdarstellung als Kuta-Typ an südindischen Tempeltürmen wiederholt. Auf derselben Plattform steht der Arjuna-Ratha mit den Grundmaßen 9 × 10 Meter, die längere Seite bildet einen kleinen Vorbau am Eingang, ansonsten quadratisch mit zweigeschossigem Tempelturm, das Dach ist durch Miniaturtempelchen mit Tonnendächern (Kuta) gegliedert. Es ist die Grundform des südindischen Tempeldachs Vimana, ein Begriff, der auch Götterfahrzeug bedeutet.
Auf eigener Plattform folgt daneben der langgestreckte, 16 × 8 Meter große Bhima-Ratha mit spitz zulaufendem Tonnendach, das einem umgedrehten Bootsrumpf ähnelt. Diese lange südindische Dachform heißt Vesara. Das Dach war zu schwer, als dass der Unterbau hätte ausgehöhlt werden können. Es wurden äußere Säulenreihen herausgearbeitet – fünf Säulen auf jeder Längsseite, deren untere Hälfte von sitzenden Löwen gebildet wird, der Fels im Innern wurde nicht abgetragen. Diese Dachform wurde im Tempelbau nicht weiter verwendet, da sie nicht auf einen zentralen Kultraum hinwies, sie diente aber als Vorlage für alle späteren Tortürme (Gopuram) des südindischen Tempelgevierts, die, egal wie hoch sie sind, an ihrer Spitze ein Tonnendach tragen.
In dieser Reihe fehlt noch der Dharmaraja-Ratha, ein anderer Name („königliches Gesetz“) für Yudhishthira, den ältesten der fünf Pandavas. Es ist ein quadratischer vergrößerter Arjuna-Ratha und der mit seinem dreigeschossigen Dachaufbau schönste und von der Bauform brauchbarste der Tempel. Das Quadrat ist eine absolute Form, die den kosmischen Plan am besten abbildet. Zentraler Dachabschluss bildet mit dem Stupika das symbolische Himmelsgewölbe.
Der seitlich von dieser Reihe gelegene Sahadeva-Ratha ist eine seltsame Kombination aus den beiden Dachformen Vimana mit Stockwerksgliederung und Vesara-Tonnendach und dazu mit aus frühbuddhistischen Höhlentempeln (Chaitya) abgeleiteter runder Apsis. Kurzum, es war ein ungeeigneter Versuch, einen Hallenbau für den hinduistischen Kult verwenden zu wollen, der einen auf ein kultisches Zentrum hin gerichteten Grundplan besitzen muss.

Tempelbauten als Rathas

An vielen Steintempeln finden sich Rathas in Basreliefs dargestellt, einer Lust zur bildhauerischen Gestaltung ist es wohl zu verdanken, dass in Südindien ganze Tempel entgegen den Gesetzen der Schwerkraft als rollende Tempelwagen in Stein gemeißelt wurden. Unter der Chola-Dynastie wuchsen die südindischen Tempelanlagen, indem Vorhallen (Mandapas) für verschiedene Zwecke hinzugefügt wurden und durch weitere Umfassungsmauern neue Innenhöfe und ganze Tempelstädte entstanden. Die Gopurams erreichten ihre bis dahin größten Höhen und wurden zur Verkörperung des Weltbergs Meru, in den Tempeltürmen (Vimanas) wurde der Kultraum in Miniaturform nach oben kleiner werdend mehrfach wiederholt – vorstellbar als ein Ausbruch in die Höhe. Für die Tempel standen praktisch unbeschränkte finanzielle Mittel zur Verfügung, die Höhe der Bauten wurde allein durch die technischen Möglichkeiten begrenzt. Vielleicht sollte diese Grenze mittels der steinernen Räder überwunden werden, so ähnlich wie bei dem Versuch, den Bergen wieder Flügel anzuheften.
Etwa 30 Kilometer von Chidambaram entfernt liegt der kleine Ort Kadambur. Der dortige Amritaghateswarar-Tempel ist ein Shiva-Tempel der späten Chola-Dynastie von Anfang 12. Jahrhundert. Zu beiden Seiten des Mandapas befinden sich in eher zurückhaltender Symbolik an der hohen Sockelzone jeweils ein Speichenrad und ein Richtung Osten springendes Pferd.
In der am Ufer der Kaveri gelegenen Stadt Kumbakonam, 40 Kilometer nordöstlich von Thanjavur, steht der Sarangapani aus derselben Zeit. Der Vishnu geweihte Tempel gehört zu den größten und am meisten verehrten Tempeln des Landes. Die Seiten des Hauptbaus sind als vierrädriger Tempelwagen gestaltet, der zu jeder Seite von einem Elefanten gezogen wird.Reliefs im Innern zeigen Vishnu, wie er im Himmelswagen herabfährt. In dem nahegelegenen Tempelteich (allg. Tirtham, dieser Mahamagam) fließen alle 12 Jahre die heiligen indischen Flüsse zusammen und Hunderttausende von Pilgern kommen für ein rituelles Bad. Das Shiva-Bildnis des Kumbheshwarar-Tempels wird mit einer großen Prozession in einem silbernen Wagen zu diesem Wasserbecken gefahren.
 
Im Verhältnis zum riesigen Vimana des Brihadisvara-Tempels in der ehemaligen Chola-Hauptstadt Thanjavur wirkt der einachsige Pferdekarren an einem seiner Mandapa-Vorbauten wie zu einem Schmuckmotiv degradiert, entsprechend sind wohl auch die Elefanten daneben an den Seiten eines Treppenaufgangs gedacht. Es war mit 61 Metern der höchste Tempelturm seiner Zeit, allein der Abschlussstein (Stupika), der über eine spiralig angelegte Erdschüttung nach oben gebracht werden musste, wiegt 80 Tonnen. An einen rollenden Tempel ist hier nicht zu denken.
Fünf Kilometer südlich von Kumbakonam im Ort Darasuram ist mit dem Airavateshvara-Tempel einer der äußerst seltenen Tempel für den ersten Elefanten Airavata erhalten. Der Tempel vom Ende des 12. Jahrhunderts ist eine kleinere Replik des Brihadisvara von Thanjavur. Die Räder eines Tempelwagens ragen an einer seitlich angebauten offenen Säulenvorhalle heraus. Auch hier befinden sich Elefanten daneben, die mit ihren Rüsseln ein Treppengeländer bilden.

Der berühmteste Tempel, der in seiner Gesamtheit als Himmelswagen vorgestellt wird, ist der Surya-Tempel von Konarak aus dem 13. Jahrhundert, südlich von Bhubaneswar an der Küste gelegen. Die hiesige Ganga-Dynastie dürfte das Motiv des Tempels als Ratha von den Cholas entlehnt haben.

Der Wagen des Sonnengottes wurde durch noch teilweise erhaltene angeschirrte Pferde und 24 plastische Speichenräder an den Vorsprüngen rund um die hohe Sockelzone aus Sandstein dargestellt.
Bestimmte Bauformen wurden über die gesamte Geschichte der indischen Tempelarchitektur beibehalten. Die in den ursprünglichen Materialien Bambus, Holz und gebrannter Ziegel erstmals in bauliche Formen gebrachten geistigen Grundlagen wurden zusammen mit diesen Formen in den späteren Stein übernommen. Der uralte Weltenbaum, zur Zeit der Veden ein hölzerner Pfosten, wurde der indischen Kosmogonie entsprechend zum steinernen Weltberg. Die Materialverwandlung funktioniert wegen der prinzipiell selben Bedeutung.

Die Prozession als Erneuerungsritual hat noch einen Aspekt: Aus der Lust zur Verwandlung und der Freude an immer neuen Formen, wurden die Tempel nicht nur weiter ausgeschmückt, es wurden den Tempeln Räder verliehen, um den schweren Stein symbolisch zu bewegen. In einer weiteren Verwandlung zurück wurden aus den hölzernen Wagen wieder Tempel aus Stein. Es ist die Nachahmung als Spielerei, wie bei den immer kleiner werdenden Miniaturtempelformen auf den Stockwerksdächern südindischer Tempel. Vom 14. bis 16. Jahrhundert gab es das südindische Vijayanagara-Reich mit seiner Hauptstadt beim heutigen Dorf Hampi. In der „Stadt des Sieges“ wurde die größte Anzahl an Tempeln auf einem Raum gebaut und im eigenen Stil detailreich verziert. Die von den Cholas vorgegebene Höhe der Tempeltürme wurde übertroffen. Im Nordteil der einst 26 Quadratkilometer großen Stadt steht der Vitthala-Tempel. Die Gesamtanlage gilt als die schönste und schmuckreichste der Stadt. In der Längsachse vor dem Vishnu geweihten Haupttempel steht ein kleiner Schrein für dessen Reittier Garuda. Es ist ein freistehender, originalgetreu von der hölzernen Form in Stein übertragener Ratha.







bb. rechts: Surya auf dem Sonnenwagen mit sieben Pferden, in zwei seiner vier Hände trägt er die Attribute Keule und Muschel.

Abb. links: Der Windgott Vayu als Lenker auf seinem Luftfahrzeug (Vayu-Ratha), das von zwei Antilopen, Symbole für Luft und Lebenshauch, gezogen wird. Vayu hält zwei Flaggen in den Händen als Zeichen für Wind. Dahinter üblicherweise Agni, der vedische Feuergott und oberste Opferpriester.

– Pandita Vamadhara: Indrajalakala. Meerut, UP 1884



Airavata


Airavata (Sanskrit, m., ऐरावत, airāvata, auch Airavana) ist in der hinduistischen Mythologie ein weißer, heiliger Elefant, der zuerst Erschaffene aller Elefanten und das Reittier (Vahana) des Schöpfergottes Indra. Im indischen Kulturkreis gelten Airavata und seine Nachkommen als Glückssymbol und Regenbringer. Dargestellt wird er zumeist mit drei Köpfen und vier Stoßzähnen.
Von zentraler Bedeutung für die indische Mythologie ist der Schöpfungsmythos vom Quirlen des Milchozeans, aus dem auch Airavata entstanden ist; erzählt in unterschiedlichen Versionen in den Epen Mahabharata, Ramayana und einigen Puranas. Dem mythischen Airavata und den irdischen Elefanten widmen sich altindische Elefantenkunden, das Matangalila, das Hastyayurveda und einschlägige Kapitel des Manasollasa aus dem 12. Jahrhundert.

Airavatas Schöpfungsgeschichte

Kosmisches Urprinzip ist die Einheit. Ob als glühend oder golden beschrieben, die Schalen des indischen Ureis stammen vom Leib des Sonnengottes, des Sonnenadlers Garuda, der bereits davongeflogen war, als zuerst Airavata und nachfolgend weitere Elefanten hervortraten.

Milchozean

Dieser Ursprungsmythos steht im Matangalila, ebenso folgende, dem Quirlen des Milchozeans vorausgehende Geschichte: Der Heilige Durvasas schenkte voller Ehrerbietung Indra einen Kranz himmlischer Blumen. Als er sah, dass Airavata, angewidert vom Geruch, den Kranz zertrat, verfluchte der Asket den Elefanten. Gegen Flüche von Heiligen können auch Götter nur mit Mühe ankämpfen. Der Elefant ging zugrunde, um ihn wieder zu bekommen und die Herrschaft über die Welt zurück zu erlangen, quirlten die Götter das Milchmeer so lange, bis Airavata, "der aus dem Milchmeer Geborene" hervorkam.
Je nach hinduistischer Tradition werden bestimmte heilige Texte und deren Göttermythen zu Glaubensinhalten, neue Mythosvarianten entstehen aus der religiösen Praxis durch Kombination. So ist es ein eher geschichtswissenschaftliches Konzept, Details aus dem Mythos des Milchozeans in der mehrtausendjährigen Geschichte der indischen Dichtung genau zu verorten. Elefanten sind bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. auf Siegeln von Mohenjo-Daro abgebildet. Ein struktureller Blick bringt mehr.
Derselbe Durvasas verfluchte in einer anderen Version Indra und alle Götter, damit sie ihrer Macht und Stärke beraubt würden. So wird der Kampf der Götter um den kraftspendenden Unsterblichkeitstrank Amrita erklärlich.

Es ist ein zweiter Schöpfungsmythos. Dessen Funktion ist, die in Unordnung gekommene Welt wieder einzurichten und dabei die späteren Eigenschaften aller Protagonisten erklärend einzuführen. Zunächst soll die verlorene Stärke wiederhergestellt werden. Die Geschichte heißt Amritamanthana (manthana bedeutet „quirlen"), in den Veden oder den späteren Brahmanas des 7. Jahrhundert v. Chr. wird sie noch nicht erwähnt. Die erste Variante des Themas findet sich im Mahabharata, in welcher auch Airavata als der erste Elefant vorkommt; ausgebreitet wird die Geschichte dann in den Puranas. Die Puranas („alte Erzählungen") aus dem 2.–10. Jahrhundert sind die wichtigste Quelle indischer Mythen. Im Vishnu-Purana ist es anstelle Indras Vishnu in der Position des Göttervaters, der den Devas rät, sich mit ihren Gegenspielern, den Asuras (Dämonen) zusammen zu tun, um den Milchozean zu quirlen.
Die Chaosschlange Vasuki wird um den Berg Mandara als Quirlstab gelegt. Gott Krishna versammelt die Seinen am Schwanzende der Schlange, die Dämonen reihen sich am Kopfende und abwechselnd ziehend versetzen sie den Berg in Drehbewegung. Als dieser droht, im Urozean zu versinken, sorgt Vishnu selbst in Gestalt der Schildkröte Kurma am Meeresgrund beim Quirlen für festen Halt.
Als Zeichen des Universums war der Rücken einer anderen Schildkröte mit Namen Akupara bereits im früheren Welterschaffungsmythos Träger für der Weltenberg Meru, Trägerfunktion für das Himmelsgewölbe übernahmen später in den acht Kardinalpunkten ähnlich Karyatiden Elefantenkühe. Im Mahabharata übernimmt anstelle von Kurma und auf Bitten der Götter und Dämonen Schildkrötenkönig Akupara die Rolle als Fixpunkt im Milchozean.
Nach längerer Zeit, in diesem Fall nach tausend Jahren, kamen durch das Quirlen 14 Kostbarkeiten zum Vorschein, Attribute und Begleiter der Götter für spätere Verwendung. Darunter war auch der weiße Elefant Airavata, den Indra als Reittier erhielt. Den Unsterblichkeitstrunk Amrita bringt Vishnu als himmlischer Arzt Dhanavantari in einem Krug, der ihm sogleich von den Dämonen entrissen wird. Vishnu gelingt es, in die schöne Frau Mohini verwandelt, die Asuras abzulenken, damit der Amrita nur unter den Göttern verteilt werden kann. Bis zur nächsten Weltperiode ist damit Ordnung hergestellt.

Schöpfungsgeschichte des Matangalila

Bei der Geburt Airavatas aus dem Urei hielt Brahma die beiden glühenden Schalen in Händen und sang über ihnen sieben heilige Lieder (Saman, Zaubergesänge), worauf aus der rechten Schale sieben weitere männliche Elefanten erschienen und danach aus den linken Schale die bereits erwähnten acht Elefantenkühe, die zu Dig-Gajas, Stützen der acht Richtungen des Raumes wurden. Die Elefanten gebaren viele Kinder, die frei durch die Lande zogen. In kosmogonischen Geschichten müssen aus der anfänglichen Formlosigkeit die Götter als Maßstab für die Menschen eine Ordnung schaffen, wobei sich durch besondere Ereignisse die anfängliche Unbestimmtheit allmählich in einer Vorvergangenheit absetzt.
Es ist ein wörtliches Absetzen, da im ersten Weltalter die Elefanten und sogar die Berge Flügel hatten. Genauso schweiften anfangs auch die Pferde mit Flügeln ziellos hin und her, bis sie dieselben unverschuldet verloren. Auf Indras Geheiß wurden ihnen die Flügel mit einem Pfeil abgeschossen, sonst hätten sie sich nie zum Ziehen der Kampfwagen eignen können. Das gehörte zu den weltordnenden Taten Indras, genauso wie das Trennen von Himmel und Erde. Auch die Sonne musste erst auf ihre Bahn gebracht werden.
Die Elefanten verloren durch Übermut ihre Flügel und noch dazu ihre Fähigkeit, wie alle Götter verschiedene Gestalt anzunehmen. Ein Schwarm fliegender Elefanten ließ sich einst auf einem Ast eines riesigen Banyanbaums nieder. Der umgerechnet rund 1000 Kilometer lange Ast brach und zerriss das Land, als er zu Boden fiel. Unter dem Baum saß ein Asket mit Namen Durgha-Tapas („Lange Askese“ oder „Ausdauernde Strenge“), der gerade seine Schüler unterrichtete. Einige von ihnen wurden tödlich getroffen, die Elefanten flogen unbekümmert auf den nächsten Ast, worauf sie der Heilige in seinem Zorn verfluchte, fortan flügellos den Menschen als Reittier zu dienen. Worte eines Heiligen machen auch Götter nicht ungesprochen. Seither helfen die Elefanten mit ihrem Gewicht, so wie es auch die Berge tun, die unsichere Erde zu festigen.

Airavatas Bedeutung

Regenbringer

Als die Elefanten noch Flügel hatten, wurden sie den Wolken (megha) gleichgesetzt, die zur Regenzeit aus den südlichen Meeren aufsteigen und sich zur Ruhe auf Berggipfeln niederlassen. Damit sind Elefanten mit Regen, Wasser und wieder den Bergen verbunden. Weiße Elefanten gelten als vollkommenstes Abbild des Schneeberges Kailash. Für die nach dem ersten Weltalter auf die Erde verwunschenen Wolkenelefanten verlangt das Matangalila, Feste zu veranstalten, Regenzauber in Erwartung des Monsun. Der vedische Indra ist auch Regen- und Fruchtbarkeitsgott und bewacht Amrita.
Airavatas Gattin ist Abhramu (die „Wolkenbinderin"), urzeitliche Mutter der Wolkenelefanten. Airavatas Beinamen sind Ardh Matanga („Wolkenelefant"), Arka Sodara („Bruder der Sonne") und Naga-Malla (der „kämpfende Elefant“). Nach dem Ramayana ist seine Mutter Iravati, „ira" heißt Wasser, allgemein Flüssigkeit oder Milch, also „sie, die Flüssigkeit besitzt". Iravati ist Namensgeberin für den Irrawaddy, den Hauptfluss Burmas. Flüsse sind immer weiblich. Aus Iravat ist auch der Name Airavata abgeleitet.

Schlangenwesen

Iravati ist wiederum die Tochter von Kadru (Kadri), Urmutter der Schlangen (Nagas). Schlangenkönig Vasuki war bereits beim Quirlen des Milchozeans beteiligt. Dessen Schwester Manasa ist eine andere Tochter Kadrus. Wichtig bei allem ist die Verbindung der Elefanten zu den Schlangen. Beide gehören zum Wasserelement. So wie Elefanten das Himmelsgewölbe tragen, ruht die Erde auf der Weltenschlange Ananta („Unendliche") -Shesha. In Erwartung des Regens werden ebenso Schlangen verehrt.
Airavata, in buddhistischen Erzählungen Erapatha, ist auch der Name eines Schlangenkönigs. Dasselbe Wort kann Verschiedenes bezeichnen. Naga meint Schlange und auch Elefant, Nagaraja Schlangen- und auch Elefantenkönig, was auf die Ähnlichkeit ihrer Wesen hinweist. Schlangen kommen aus dem Wasser, bevorzugen die Feuchtigkeit und sie bringen Wasser in Form von Regen. Über die Gefährlichkeit der Schlangen für Elefanten soll dieses nicht hinwegtäuschen. Der Kampf beider Tiere, von dem in indischen Elefantenerzählungen berichtet wird, endet mit beider Untergang. Im Matangalila wird vom schlangenhaften Wesen des Elefanten berichtet: der Rüssel ist dick und lang, also schlangenhaft. Er riecht nach Wasserpflanzen, er trinkt unter anderem Regen, Wind und Mondschein, ähnlich den Schlangen, von denen ein Beinamen „windessend" lautet. Vermutlich lecken die Schlangen beim Züngeln den Wind.
Obwohl verwandt, ist für Elefanten alles Schlangenartige gefährlich, neben der Kobra (Naga) auch der Fadenwurm (Tantuka), der entstand, als von Airavata einige Tropfen Flüssigkeit aus den Schläfen mit Tränen vermischt zur Erde fielen. Die Behandlungsmethoden des Fadenwurms führen in den Bereich der Elefantenheilkunde.

König

Elefanten dienen als Zeichen der Königswürde. Sie stehen in Beziehung zum König, wie das göttliche Reittier zu Indra. Die in Königsgärten gehaltenen weißen Elefanten sind der Stolz des Herrschers und seines Volkes und haben die besondere Aufgabe, zur rechten Zeit die Wolken herbeizurufen. In einem Jataka (Erzählung aus dem früheren Leben Buddhas) übt sich Buddha in Gestalt eines Prinzen in den Tugenden Selbstverleugnung und Mitleid. Als er eines Tages den königlichen weißen Elefanten einem unter Dürre leidenden Nachbarland schenkte, wurde er von seinem verärgerten Volk vertrieben.
Der Elefant verleiht dem König Wunderkraft. Die jährlichen Zeremonien, in denen die weißen Elefanten reich geschmückt in einer Prozession geführt werden, bringen Regen, Fruchtbarkeit und Macht für das Reich.
Die magische Kraft der Schlangen liegt einer Historie zugrunde, die im 13. Jahrhundert ein chinesischer Gesandter in Angkor berichtet: An der Spitze des Tempelbergs Phimeanakas in einer goldenen Kammer lebte eine neunköpfige Schlange als heimliche Herrscherin über das Reich. Nachts musste der König zu ihr hinauf steigen, den Menschen erschien sie in Gestalt einer Frau.

Lakshmi

Dargestellt wird Indra an der Ostseite des nordindischen Tempels zumeist reitend auf Airavata und mit seinen Attributen Donnerkeil (Vajra) zur Teilung der Gewitterwolken und dem Elefantenstachelstock Ankusha als Symbol der Königswürde. Ist Indra stehend abgebildet, befindet sich Airavata zumeist klein an seinem rechten Fuß.
In Südindien sind Elefanten häufiger zusammen mit der Göttin Lakshmi dargestellt. Sie gehört zu den 14 Kostbarkeiten, die aus dem Milchozean geboren wurden.Als „lotosgeboren“ bezeichnet wird Lakshmi in fast allen Abbildungen mit dem Wasserelement Lotos gezeigt. Ursprünglich war sie mit Erde und Feuchte verbunden; aus einer frühen Erdmutter und Fruchtbarkeitsgöttin ist sie heute zu einer Göttin des Glücks und Reichtums geworden. Lakshmi ist Gattin Vishnus und wird im Lichterfest Divali verehrt.
Bereits an Friesen aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. der Stupas in Bharhut und Sanchi ist Lakshmi von zwei Elefanten flankiert dargestellt, die sie aus ihren Rüsseln mit Wasser aus Krügen übergießen. Dieses Gaja-Lakshmi-Glückssymbol ersetzt in Südindien über Eingängen den für Nordindien zuständigen Elefantengott Ganesh. Die Wassereimer stehen für Überfluss und Wohlstand.

Ganesh und Makara

Zu den Geschichten um Vishnu und Lakshmi gehört auch eine, die im Brahma Vaivarta Purana (Ganapati Kahand) erwähnt wird: Airavata hatte Indra verlassen und wanderte mit anderen Elefanten im Wald. An anderem Ort verlor der junge Ganesh in einer Vorgeschichte, die mit einem Fluch zu tun hat, seinen Kopf. Als Vishnu den Kopflosen bemerkte, reiste er auf seinem Reittier Garuda in den Wald, sah den schlafenden Airavata und trennte dessen Kopf mit seinem Chakra. Die Geschichte wird aus der Perspektive von Ganesh weitererzählt, Airavata als Randfigur erhält einfach einen neuen Kopf. Airavatas Kopf wird zum heiligen Berg Kailasa gebracht und verhilft auf Ganeshs Körper montiert diesem zu neuem Leben. Seitdem ist „der Elefantenköpfige" sein Beiname. Unzählige Variationen existieren für diese Geschichte. In anderen steht Shiva im Mittelpunkt.
Etwas elefantenartiges hat auch der Kopf des Seeungeheuers Makara. Eine weitere Verbindung zwischen Elefant und dem Wasserelement in Gestalt des Reittiers der Flussgöttin Ganga wird im Bhagavata Purana geschildert: Einst war der Elefantenkönig, der diesmal Gajendera heißt, zusammen mit seiner Herde beim Baden am Fluss. Normalerweise hielt er Wache, während die Seinen badeten. Diesmal fühlte sich eine Makara gestört, konnte Gajendera an den Beinen ergreifen und unter Wasser ziehen. Trotz lautstarkem Rufen und der Mithilfe aller Elefanten gelang es nicht, Gajendera zu befreien. Errettet wurde er erst, als Vishnu aufmerksam wurde, auf Garuda reitend herbei eilte und das Ungeheuer köpfte.
Makaras sind Krokodilmischwesen mit Rüsselkopf, aus deren geöffnetem Maul an Tempeln das Regenwasser abläuft oder an Reliefs über Tempeleingängen Blumengirlanden herausströmen (Makara-Torana). Der Elefant verkörpert in dieser Geschichte (Gajendra-Moksha) die menschliche Seele, die durch Vishnu pflichtschuldig erlöst wird. Eine Makara, die auf Abbildungen den Elefanten ganz umschlingt, entspricht den Verhaftungen im Materiellen, und Fluss steht überall für Leben.

Gut und Böse

Dämonen (A-suras) stehen gegen Götter (Suras), wobei die Götterfeinde nur die Kehrseite im Kampf der Guten sind. Der Götterkampf kann abbildhaft verstanden werden zum Bemühen auf sozialer Ebene, in vedischer Zeit die Vorherrschaft der Brahmanenkaste einzuführen, und religiös als notwendiger Durchgang auf dem Weg zur Erlösung.
Der mächtigste der Dämonen im Rigveda war Vritra, Schlange oder Drachen, der Dürre verursacht, in dem er die Wasser der Welt eingeschlossen hält; ein Dämon der Trockenheit, der sich Indra entgegen stellt. Indra wird auf Airavata reitend dargestellt, wie er mit seinem Donnerkeil und der Hilfe von anderen Göttern Vritra letztlich besiegt. Die Anstrengungen waren beträchtlich, ohne das berauschende Soma hätte er es nicht vermocht. Eine spätere Version in den Puranas schildert Vritra als einen zu mächtig gewordenen Brahmanen, diesmal benötigt Indra die Hilfe von Shiva und Vishnu zum Sieg.

Hergestellte Ordnung

Die acht männlichen Elefanten aus dem Urei zogen zunächst frei umher, bis sie von den Göttern für den Kampf mit den Dämonen eingespannt wurden. Zunächst flüchteten sie verängstigt zu Brahma, der sie mit einem berauschenden Trank versorgte, nach dessen Genuss sie die Dämonen bezwingen konnten. Nach dem Kampf teilten sie sich auf, um die Wächtergötter des Universums an den acht Kompasspunkten zu unterstützen. Indra bewacht als oberster dieser Götter mit Airavata den Osten.
Tempel für die Götter wurden als Abbilder der kosmischen Ordnung gebaut, der Bauvorgang symbolisierte die Weltschöpfung. Wenn der Tempel seine heilige Kraft nicht nur vom zugeeigneten Gott erhält, sondern in anderer Form sogar zurückgeben kann, wächst seine Bedeutung. Im Airavatesvara-Tempel der späten Chola-Dynastie aus dem 12. Jahrhundert wird der weiße Elefant verehrt. Hier taucht der Heilige Durvasa im Gründungsmythos auf, indem er, wiederum als Gegenspieler, Airavatas Haut dunkel werden ließ. Ein Bad im Tempelteich verschaffte Reinigung. Wasserbecken gehören zum Standardplan eines südindischen Tempels und heißen Tirtha, womit ein heiliger Ort am Wasser bezeichnet wird.

Airavatas irdische Nachkommen

Erzählungen von Göttern flossen zusammen mit psychologischen Beobachtungen von Elefanten und Pferden, den wichtigsten alten Kampftieren, in die altindische Tierheilkunde, als deren (mythischer) Gründer Shalihotra, der Sohn eines weisen Brahmanen gilt. Er lebte im 3. Jahrtausend v. Chr. oder um 600 v. Chr. an unterschiedlich angegebenen Orten, sein bekanntestes Werk ist das Haya-Ayurveda oder Shalihotra Samhita, das sich der Behandlung von Pferden widmet. Es galt als Standardwerk und wurde in einigen Puranas übernommen.

Die Elefantenlehren

Hastyayurveda

Der Hasty-Ayurveda (Hastyāyurveda), auch Pālakāpya-Saṃhitā oder Gaja-Ayurveda, dient ausschließlich der Beschreibung und Behandlung von Elefanten. Als Verfasser gilt Palakapya, der im 6. Jahrhundert v. Chr. (oder 1000 v. Chr.?) in Bengalen gelebt haben soll. In über 10.000 zweizeiligen Strophen werden Elefanten in einzelnen Lebensabschnitten von Geburt an und in ihren besonderen Qualitäten beschrieben. In 152 Kapiteln werden typische Krankheiten, kleinere Krankheiten, Chirurgie bei Elefanten, Ernährung, auch Aufzucht und Training abgehandelt. Der Umfang beträgt rund 700 Druckseiten.

Matangalila

Matangalila (Mātaṅgalīlā), oder "Spiel über die Elephanten" ist eine vergleichsweise kurze und sehr gedrängte Abhandlung von 263 Strophen und gilt als das beste Werk der "Wissenschaft von den Elefanten" (gajaśāstra). Eine zeitliche Einordnung des Verfassers Nilakantha wäre spekulativ. Die ältesten, vor allem im Süden Indiens überlieferten Handschriften sind heute etwa 300 Jahre alt, der Text selbst ist jedoch wesentlich älter, vielleicht 1000 Jahre oder mehr. Der Text teilt sich in zwölf Kapitel von sehr unterschiedlicher Länge. Neben einer Humoralpathologie stehen aus den Veden überlieferte Mythen und Ritualsprüche. Auch die Schöpfungsgeschichte der Elefanten aus den Eierschalenhälften wird zitiert.

Manasollasa

Zu den Hasti-Shastras gehört auch das Manasollasa des 12. Jahrhunderts, ein Allgemeinlexikon in 10.000 Versen der späten Chalukya-Dynastie. Die Autorschaft von König Someshvardana gilt als gesichert.

Megha – Wolke

Im Matangalila wird von Elefanten mit drei oder vier Stoßzähnen berichtet. Die Wächterelefanten der acht Weltgegenden kamen dereinst nachts zur Erde herab und zeugten sie mit irdischen Elefantenkühen. Magische Kräfte haben Elefanten auch ohne Abnormitäten. Die hohe Wertschätzung als Kriegselefanten ist Ausdruck für den irdischen Gebrauchswert einer göttlichen Abstammung.




Ratha Yatra

Ratha Yatra (Hindi: रथ यात्रा; Ratha bedeutet Kutsche, Wagen, Rad; Yātrā wörtl. Pilgerreise) ist ein hinduistisches Wagenfest, auf dessen Höhepunkt die Gläubigen einen Prozessionswagen mit dem Bildnis des Gottes Jagannath (Herr des Universums) an Seilen durch die Stadt ziehen. Jagannath ist ein Aspekt von Krishna.
In vielen Städten weltweit gibt es Ratha Yatras, oftmals durch die internationale ISKCON-Gesellschaft organisiert, beispielsweise in New York, London oder anderen Großstädten; auch in mehreren Städten Deutschlands und der Schweiz finden jährlich Wagenfeste statt. Neben der ISKCON gibt es auch weitere Veranstalter, beispielsweise die Anhänger der indischen Swaminarayan-Gemeinschaft.

Ratha Yatra in Puri

Die ursprüngliche und bekannteste Ratha Yatra jedoch ist jene in der indischen Stadt Puri im Bundesstaat Orissa. Jedes Jahr gegen Ende Juni oder Anfang Juli, das Datum variiert nach dem hinduistischen Mondkalender, ist der dortige Jagannath-Tempel Ausgangspunkt für das in der ganzen Welt bekannte Fest. Auch die Anzahl der Feiertage variiert nach dem Zyklus des Mondkalenders und dauert insgesamt zwischen einer und zwei Wochen.
Auf drei unterschiedlich großen Wagen, die in jedem Jahr nach uralten Regeln neu gebaut werden, ziehen tausende von Menschen die drei großen Statuen von Jagannath sowie seinen "Geschwistern" Balabhadra und Subhadra in einer Prozession durch die Straßen von Puri, begleitet von enthusiastischer Musik, von Tanz und Gebet. Insgesamt rund eintausend Personen werden gebraucht, jeden dieser riesigen Wagen zu bewegen. Der Wagen von Jagannath ist mit einer Höhe von ungefähr dreizehneinhalb Metern der höchste und besitzt sechzehn Räder, oben an der Spitze des Wagens befindet sich ein Rad. Balabhadras Wagen ist einige Zentimeter kleiner mit vierzehn Rädern und an der Spitze die Tala-Frucht (eine *Palmfrucht) während der Wagen von Subhadra mit zwölf Rädern knapp dreizehn Meter hoch ist.
Dem Umzug gehen jedoch einige Tage mit verschiedenen Zeremonien voraus: Zuerst ein Badefest, die Snanyatra, bei dem Priester die Murti, wie Hindus die konsekrierten Statuen nennen, unter Gebeten mit einhundertacht Krügen Wasser aus einer heiligen Quelle übergießen. Das einige Tage später anschließende Anavasara Fest markiert eine Zeit der Abwesenheit des Gottes vom Tempel, da er mit Fieber "krank" darnieder liegt. Während des Anga-Raga oder Nava-Yavana-Festes malen auserwählte Handwerker im innersten Schrein des Tempels den hölzernen Körper frisch an. Das Anmalen der Augen jedoch vollziehen erst die Priester rituell während des folgenden Gottesdienstes, der Puja.

Erst nach vielen traditionellen Zeremonien kann die Prozession beginnen, von der jener Teil der farbenprächtigste sein soll, in dem die Murtis auf die Wagen gestellt werden. Mit frischen Girlanden behängt, mit Balabhadra voran, da er in der Mythologie der Ältere der drei "Geschwister" ist, gefolgt von den Wagen Jagannaths und Subhadras beginnt die Reise mit dem dröhnenden Klang der Muschelhörner. Die Gebäude an der breiten Hauptstraße der Küstenstadt sind mit Fahnen, Girlanden und Blüten geschmückt und die Menschen drücken mit festlicher Kleidung ihre Anteilnahme aus. In früheren Zeiten war es Aufgabe des Königs, dem Zug voranzugehen und mit einem goldenen Besen den Weg für Jagannath zu säubern.
Ziel der Prozession ist der ungefähr drei Kilometer entfernte Gundicha-Ghar-Tempel, das sogenannte "Gartenhaus". Hier bleiben die Murtis, in denen die Gläubigen das Göttliche inbrünstig verehren, die ganze Festwoche hindurch, bis man sie in einem Festzug wieder zurückbringt.
Am Ende der Reise gibt es weitere wichtige Zeremonien bevor Jagannath und die beiden anderen im Tempel wieder auf ihrem ursprünglichen Platz aufgestellt werden: Für einige Stunden bestückt man sie mit goldenen Armen und Füßen und dekoriert sie mit kostbarem Schmuck und Kronen. Vielen Hindus gilt dieser Tag als der segenreichste des ganzen Festes. Betend umrunden sie die drei Wagen im Vertrauen auf den besonderen Segen.

Das Fest ist nicht nur ein religiöses Ereignis sondern auch ein touristischer Höhepunkt. Unzählige Menschen strömen aus der ganzen Welt herbei, um die göttliche Reise zu erleben.
Während der Yatra versuchen viele Gläubige, einmal, wenn auch nur für kurze Zeit, mit an den Seilen zu ziehen, welche Jagannaths Wagen fortbewegen. Sie versprechen sich davon "Punya", Gnade und spirituelle Verdienste. Im Gedränge der Menschenmassen kommt es darum immer wieder vor, dass Personen von den Rädern überrollt und getötet werden. Während die einen von Unfällen sprechen, behaupten andere, dass manche Opfer sich enthusiastisch voller Absicht vor die Räder geworfen hätten, um so durch den Tod unter dem Wagen Gottes Moksha, die Erlösung, zu erreichen.

Mythologische Hintergründe und geistige Bedeutung

Mythologischer Hintergrund der Ratha Yatra sind unterschiedliche, bekannte Mythen: Nach einer Version erinnert diese Reise durch die Straßen an den Abschied von Krishna und seinem Bruder Balrama, als sie im Wagen die Stätten ihrer Kindheit verließen. Andere erzählen die Geschichte als Gedenken daran, wie Krishna mit Balarama und der Schwester Subhadra aus dem großen Krieg, den das Mahabharata beschreibt, heimgekehrt sei. Oft hört man auch einfach die Version, Jagannath mache zu Beginn der Regenzeit in seiner Sommerresidenz, dem Gartenhaus-Tempel, Ferien.
Diese göttliche Pilgerreise enthält jedoch auch vielschichtige geistige Bedeutung. So vergleicht man sie beispielsweise mit der sich ständig wiederholenden Reise des Lebens, mit Samsara, den vielen Zyklen von Tod und Wiedergeburt. Das Bild des Wagens taucht im Hinduismus als häufiges Symbol auf. Die Katha-Upanishade etwa vergleicht:
„Der Atman (das Selbst, Seele) ist der Reisende, der Körper der Wagen, die Vernunft der Wagenlenker.“
Katha-Upanishade 1.3.3







Garuda


Garuda (Sanskrit, m., गरुड, garuḍa) ist in der indischen Mythologie ein schlangentötendes halb mensch-, halb adlergestaltiges Reittier des Vishnu, Sohn des Kashyapa und der Vinata. In der asiatischen Mythologie hat der Garuda zugleich die Bedeutung eines Götterboten, der den Menschen Nachrichten und Anweisungen der Götter überbringt. In vielen asiatischen Ländern (beispielsweise Thailand und Indonesien) wird der Garuda zudem als Hoheitszeichen oder Amtssiegel von den Behörden der Regierung verwendet.

Aus der indischen Mythologie

In Urzeiten hatte der alte Schöpfergott und Vater der Kreaturen Kashyapa, der „alte Schildkröten-Mann“, einmal zwei Ehefrauen: Vinata, den Himmel, und Kadru, die Erde. Kadru gebar eine Vielzahl von Eiern, aus denen die verschiedensten Arten von Nagas schlüpften. Vinata jedoch legte nur drei Eier.
Eifersüchtig auf Kadru und ihre zahlreichen Nachkommen zerbrach sie das erste Ei. Das Wesen im Ei hatte jedoch noch keine Gestalt angenommen: es entstand der Blitz. Das zweite Ei enthielt einen strahlenden Jugendlichen. Ebenfalls eine Frühgeburt hatte er keine Beine. Es war Aruna, die Morgen-Dämmerung, der Wagenlenker des Sonnengottes Surya. Arun war nicht so begeistert von seiner Behinderung, er verfluchte seine Mutter und machte sie so zur Sklavin ihrer Rivalin, der Schlangen-Mutter Kadru.
Als das dritte Ei ausgebrütet war, schlüpfte der mächtige Garuda heraus. Er verlangte sofort, seine Mutter freizulassen. Die Nagas jedoch verlangten als Gegenleistung das Unsterblichkeits-Elixir Amrita, welches Garuda daraufhin von den Göttern stehlen musste.
So erklärt sich die ewige Feindschaft zwischen den Nagas und dem Garuda. Der spirituelle Gegensatz von Vogel (Adler) und Schlange ist auch bei uns im Westen von den alten Sumerern bekannt (siehe z. B. in Nietzsches Zarathustra, auch in Wappen und Fahne Mexikos).
„Der Vogel wird als »Schlangen-Töter« oder »Naga-Töter« (nagantaka) oder »Schlangen-Verzehrer« (nagasana) angerufen. Sein eigentlicher Name ist Garuda, von der Wurzel gri, »herunterschlingen«. Als unbarmherziger Vernichter der Schlangen ist er mit mystischer Macht über die Wirkungen des Giftes erhaben.“
Lit.: Zimmer, 1981















Luftfahrt in Persien




Perseus (Sohn des Zeus)



Perseus (griechisch Περσεύς) ist einer der berühmtesten Heroen in der griechischen Mythologie
und der Sohn des Zeus und der Danaë.

Mythos

Die göttliche Abstammung

Akrisios, dem König von Argos, wird weisgesagt, dass ihm ein Sohn seiner Tochter Danaë zum Verhängnis werden würde. Deshalb schließt er Danaë zusammen mit einer Amme in den Keller des Palastes und lässt diesen von blutrünstigen Hunden bewachen. Zeus befruchtet die Schlafende als Goldregen, woraufhin Perseus geboren wird. In seiner Genealogie stehende Nachkommen werden Perseiden oder Persiden genannt.

Die Verbannung

Mit der Geburt des Perseus steht Akrisios neuerlich –  und jetzt verschärft – vor dem Dilemma, was er mit den beiden machen soll, denn wohl liebt er seine Tochter, wird aber seinen Enkel umso mehr fürchten müssen, als sein erster Versuch, dem Schicksal zu entkommen, auf für ihn unverständliche Weise misslungen ist. Er schließt beide in eine Kiste und setzt sie auf dem Meer aus, wobei aber Zeus mit Hilfe Poseidons verhindert, dass beide umkommen.

Als sie auf Seriphos, einer Insel der Kykladen, an Land gespült werden, findet der Fischer Diktys, teils auch als Schiffer oder Hirte bezeichnet, der Bruder des Königs Polydektes, die beiden und lässt sie bei sich wohnen. Der König allerdings beginnt Danaë nachzustellen, doch Diktys und später auch der heranwachsende Perseus wissen sie zu beschützen.

Die Aufgabe

Deshalb versucht der König Perseus loszuwerden, indem er von ihm verlangt, ihm das Haupt der Gorgo Medusa zu bringen, das jeden, der es sieht, zu Stein verwandelt.
Eine Version berichtet, dass er von jedem Bewohner der Insel Pferde als Abgabe zur Hochzeit der Hippodameia verlangt, wohl wissend, dass Danaë und Perseus nichts besitzen. Nach einer anderen Version lädt Polydektes Perseus zu sich an den Hof ein und fragt ihn, was denn wohl das passende Geschenk für einen König sei. Perseus antwortet, dass er ihm auch das Haupt der Medusa bringen würde, wenn er es verlange – und Polydektes nimmt ihn beim Wort. Nach wiederum einer anderen Version will Perseus seine Mutter vor den Nachstellungen des Königs bewahren. Um dies zu gewährleisten, erklärt sich Perseus bereit, ihm alles zu bringen, selbst wenn es das Haupt der Medusa sei.

Pallas Athene erscheint Perseus und übergibt ihm einen glänzenden Schild, der in der Lage ist, ein Spiegelbild zurückzuwerfen. Sie zeigt ihm damit eine Möglichkeit, der Gefahr nicht direkt ins Auge zu schauen. Außerdem müsse er die Schwestern der Medusa, die Graien, die Töchter des Phorkys, aufsuchen, um herauszufinden, wo die Gorgone sich befinde.

Die Graien

In der Version Michael Köhlmeiers sitzen die Graien, drei Schwestern der Gorgonen – grauhaarig seit Geburt, deshalb auch die Gräulichen genannt – an einem See in Afrika, als Perseus sie findet. Sie teilen sich zusammen einen Zahn und ein Auge, die sie sich gegenseitig bei Bedarf überlassen. Perseus fragt nun nach den Gorgonen (bzw. laut Gustav Schwab nach den Nymphen), erhält zunächst aber keine Auskunft. Daraufhin beginnt er, seine Wegzehrung aufzuessen, und weil die Graien auch etwas davon haben wollen, bietet er ihnen an, zwischenzeitig Auge und Zahn zu halten. Sie willigen ein, und Perseus erpresst sie: Entweder sie sagen ihm, wo Medusa zu finden sei, oder alle drei bleiben blind und zahnlos. Nachdem er die Auskunft bekommen hat, gibt er ihnen laut Schwab beides zurück, nach anderen Erzählungen wirft er das Auge und/oder den Zahn in den See, in den die Graien jetzt steigen müssen. Die Nymphen dieser Gegend, die jahrhundertelang unter dem Gestank der Graien leiden mussten, sind ihm danach so dankbar, dass sie ihm Flugsandalen, einen Mantelsack (Schubsack) und eine Tarnkappe schenken. Perseus erfragt von den Graien den Aufenthaltsort der Nymphen und dort findet er und nimmt er sich dann, was er will.

Auf der weiteren Reise trifft er auf Hermes, den geflügelten Götterboten, Beschützer der Diebe, Reisenden und Kaufleute, der ihm noch eine Sichel als Waffe übergibt.

Medusa

Nur die dritte, jüngste und hässlichste der drei Gorgonen, Medusa, die ehemalige Geliebte des Poseidon, ist sterblich. Als Perseus kommt, schlafen sie alle. Ihre Häupter haben statt Haaren Schlangen, und jeder, der sie direkt ansieht, erstarrt sofort zu Stein. Er nähert sich der Medusa, indem er in den Schild der Göttin Athene schaut, schneidet ihr unter Führung Pallas Athenes den Kopf ab und fängt ihn im Mantelsack der Nymphen auf. Aus der blutenden Wunde der kopflosen Medusa entspringen ein geflügeltes Ross, der Pegasus, und ein Riese namens Chrysaor, beides Geschöpfe des Poseidon.

Atlas

Mit Hilfe der Tarnkappe und der Flugsandalen flieht er und wird von Winden und Regengewolken über viele Gegenden geschleudert. Schließlich setzt er sich im Reich des Königs Atlas nieder, um zu rasten, und ihn um Obdach zu bitten. Atlas fürchtet aber um seine Besitztümer und stößt den Heroen fort. Das ergrimmt Perseus so sehr, dass er Atlas das Medusenhaupt zeigt, woraufhin dieser sofort zu dem Stein erstarrt, der heute das Atlasgebirge bildet.

Die Geliebte

Auf dem Rückweg sieht Perseus an Äthiopiens Küste eine schöne junge Frau, die an einen Felsen gekettet ist. Sie erscheint blass und regungslos, so dass er zunächst glaubt, sie sei aus Stein gehauen. Schließlich sieht er ihr Haar wehen und eine Träne fließen.

Andromeda soll geopfert werden, weil ihre Mutter Kassiopeia damit geprahlt hat, sie sei viel schöner als die Nereiden, die schönen Meeresnymphen. Daher zürnt Poseidon und schickt das Meeresungeheuer Ketos, das die Küstengebiete mit so viel Unglück überhäuft, dass ein Seher befragt wird, was zu tun sei. Man müsse Andromeda dem Ungeheuer opfern, ist sein Spruch, und weil das Volk derselben Meinung ist, gibt König Kepheus, ihr Vater, nach.

Als das Ungeheuer auf Andromeda zuschießt, um sie zu verschlingen, und deren Eltern wehklagend herbeieilen, erbittet sich Perseus für die Rettung Andromedas deren Hand und bekommt nicht nur diese, sondern auch das ganze Königreich versprochen. Perseus gelingt es, das Ungeheuer zu töten und dadurch Andromedas Leben zu retten. Nach einer überlieferten Version zeigt Perseus dem Ungeheuer das Medusenhaupt, nach einer anderen kommt es zu einem dramatischen Kampf, in dem Perseus sein Schwert benutzt.

Während des Hochzeitsmahls taucht jedoch Phineus, der Onkel Andromedas, der schon früher um sie geworben hat, mit einer Überzahl an Bewaffneten auf, um seine Ansprüche zu erneuern. Es kommt zum Kampf. Als Perseus zu unterliegen droht, zieht er das Gorgonenhaupt, wonach alle seine Feinde zu Stein erstarren. Zuvor warnte Perseus jedoch seine Gefährten, indem er bat, dass jeder, der noch sein Freund sei, das Gesicht von ihm abwende.

Die Heimkehr

Vor seiner Heimkehr nach Seriphos kommt Perseus’ Sohn Perses zur Welt, der bei Kepheus bleiben und das Königreich übernehmen wird. Perses soll später der Ahnherr aller persischen Könige werden. Mit seiner Gemahlin auf Seriphos angelangt, zeigt Perseus Polydektes, der seiner Mutter weiterhin nachstellt, das Medusenhaupt, da dieser nicht glauben will, dass er es tatsächlich herbeigeschafft hat.
Nach einer von Karl Kerényi zusammengefassten antiken Version ist der Eranos, die Versammlung der Seriphier, noch nicht beendet, als Perseus zurückkehrt und seine Aufgabe als vollendet schildert. Niemand glaubt ihm und Perseus zeigt das Medusenhaupt. Deshalb soll Seriphos heute zu den felsigsten Inseln Griechenlands gehören. Die Herrschaft über die Insel übergibt er Diktys.
Auf dem Weg in die „Heimat“ Argos macht Perseus im pelasgischen Larisa Halt, wo gerade Wettkämpfe stattfinden. Beim einem Wurf mit dem Diskus trifft er seinen Großvater – der eben dorthin geflohen war, um seinem Enkel zu entgehen – unglücklich und unbeabsichtigt, so dass sich der Orakelspruch erfüllt.

In tiefer Trauer begräbt Perseus seinen Großvater. Alle erhaltenen magischen Gegenstände gibt er wieder zurück, das Medusenhaupt erhält Pallas Athene. Nach Pausanias wird der Kopf der Gorgone nahe dem Markt von Argos in einem Hügelgrab vergraben. Die nun ererbte Herrschaft über Argos tauscht er wegen der Tötung des Akrisios mit Megapenthes gegen Tiryns und gründet von dort aus Midea und Mykene. Perseus ist ein langes und glückliches Leben zusammen mit Andromeda gegönnt. Beide haben viele Kinder, neben Perses den Alkaios, Sthenelos, Heleios, Mestor, Kynouros und Elektryon sowie die Tochter Gorgophone. Darüber hinaus sind sie die Großeltern der Alkmene, des Eurystheus und des Amphitryon und Vorfahren des Teleboerkönigs Pterelaos sowie des Herakles. Nach ihrem Tod werden beide zusammen mit Kepheus, Kassiopeia und dem Walfisch Cetus als leuchtendes Beispiel als Sternbilder in den Himmel erhoben.

Pausanias berichtet, dass Dionysos, mit einer Schar Frauen vom Meer (Aliai = Meerfrauen) her kommend, Argos bekriegte. Perseus kann sie abwehren, wobei viele der Frauen sterben. Schließlich versöhnten sich Dionysos und Perseus.



                                     Benvenuto Cellini: Perseus mit dem Haupt der Medusa


Hezarfen Ahmed Çelebi


Hezarfen Ahmed Çelebi (‏هزارفنّ أحمد چلبی‎ / Hezārfenn Aḥmed Çelebi; * 1609 in Istanbul; † 1640 in Algerien) war ein osmanischer Luftfahrtpionier, der nach einem Bericht von Evliya Çelebi im Istanbul des 17. Jahrhunderts einen erfolgreichen Segelflug absolviert haben soll. Sein Beiname Hezarfen bedeutet so viel wie „Tausendkünstler“.

Segelflug über den Bosporus

Evliya Çelebi berichtete im 17. Jahrhundert, dass Hezarfen Ahmed Çelebi 1638 in Istanbul die etwa drei Kilometer lange Strecke vom Galataturm auf der europäischen Seite, über den Bosporus, auf den Doğancılar-Platz (heute Doğancılar-Park) im Stadtteil Üsküdar, gleitend überbrückte. Er verwendete selbstgebaute künstliche Flügel. Der zuerst begeisterte Sultan Murad IV. belohnte Çelebi mit Gold, verbannte ihn später allerdings aus Angst vor einem so ambitionierten Mann nach Nordafrika (heutiges Algerien), wo Çelebi auch starb.

Geographische Gegebenheiten

  • Der Galataturm liegt 35 m über dem Meeresspiegel
  • Der Doğancılar-Platz liegt rund 12 m über dem Meeresspiegel.
  • Die Höhendifferenz zwischen Turmspitze und Platz beträgt 85,59 m.
  • Die Entfernung zwischen Turm und Platz beträgt ungefähr 3,358 km.

Fliegerische Einordnung

Unter der Annahme von Windstille, turbulenzfreier Luft und Abflug ohne Höhenverlust benötigt man für den Gleitflug ein Fluggerät mit einem Gleitverhältnis von 1:39,23. Mit Hängegleitern werden Gleitverhältnisse von maximal 1:27 erreicht (Stand 2008).

Raketenflug

Von Hezarfen Ahmed Çelebis Bruder, Lagari Hasan Çelebi, wird berichtet, er soll den ersten Raketenflug durchgeführt haben. Berichte ihrer erfolgreichen Flüge erreichten 1638 England, wo die Flugversuche der beiden Türken von John Wilkins in “A Discovery of a New World” erwähnt werden:
„[…] ’Tis not perhaps impossible, that a man may be able to Fly, by the application of Wings to his own body; as Angels are pictur’d, as Mercury and Dædalus are feigned, and as hath been attempted by divers, particularly by a Turk in Constantinople, as Busbequius relates.“
John Wilkins: A Discovery of a New World







Lagâri Hasan Çelebi



Lagâri Hasan Çelebi (* im 16. oder 17. Jahrhundert; † im 17. Jahrhundert) war ein ottomanischer Türke, der der erste Mensch gewesen sein soll, der einen erfolgreichen bemannten Flug mit einer Rakete absolviert hat.

Die Geschichte

Nach einem Bericht von Evliya Çelebi aus dem 17. Jahrhundert startete Lagari Hasan Çelebi in einer Rakete von Sarayburnu, einem Punkt unterhalb des Topkapı-Palastes. Der Flug soll zu der Zeit der Geburt der Tochter von Sultan Murad IV. im Jahr 1633 stattgefunden haben. Lagari kündigte vor dem Start an, dass er "mit Jesus im Himmel sprechen" würde. Er hob mit einer kegelförmigen Rakete ab, glitt mit Flügeln über den Bosporus und machte eine erfolgreiche Landung, was ihm eine Position in der osmanischen Armee einbrachte. Er wurde vom Sultan mit Gold und dem Rang eines Sipahi belohnt.

Evliya Çelebi beschreibt die Rakete als eine 7 Ellen lange (1 Elle = ca. 64 cm) kegelförmige Konstruktion mit einem siebenstrahligen Ausstoß, die mit 50 Okka Schwarzpulver gefüllt wurde (1 Okka = 1,282 kg). Man nimmt an, dass das Startgewicht der Rakete etwa 165 kg betrug, ca. 450 bis 600 Gramm Schwarzpulver in der Sekunde verbrannte, was für eine Brenndauer von 15 bis 20 Sekunden ausgereicht hätte, um einen Startschub von ca. 175 kg sicherzustellen, der für einen erfolgreichen Start notwendig ist. Der vertikale Flug dauerte demnach 20 Sekunden und soll Evliya Çelebi zufolge während der Nacht der Geburt der Tochter Kaya Sultan von Sultan Murad IV. stattgefunden haben. Anschließend soll er mit künstlichen Flügeln seinen Fall in den Bosporus gebremst haben.

Evliya Çelebi schrieb auch über Lagaris Bruder Hezarfen Ahmed Çelebi, der ein Jahr vorher einen Gleitflug gemacht haben soll, ebenfalls über den Bosporus.
Berichte ihrer erfolgreichen Flüge erreichten 1638 England, wo die Flugversuche der beiden Türken von John Wilkins in Discovery of a World in Moone erwähnt werden.

Fünf Jahre später wurde Çelebi nach der Krim verbannt, wo er auch starb, wahrscheinlich um 1640.

 







Luftfahrt in Europa

 

 

Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen




Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen (* 11. Mai 1720 in Bodenwerder; † 22. Februar 1797 ebenda) war ein deutscher Adliger aus dem Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg. Ihm werden die Geschichten vom Baron Münchhausen zugeschrieben.

Leben

Der unter der Bezeichnung „Lügenbaron“ berühmt gewordene Geschichtenerzähler gehört zur so genannten schwarzen Linie des Adelsgeschlechts der Münchhausen, als dessen bedeutendster Repräsentant zu seinen Lebzeiten aber keineswegs er selbst galt, sondern vielmehr der kur-braunschweig-lüneburgische Premierminister Gerlach Adolph von Münchhausen (* 1688 † 1770). Hieronymus war eines von acht Kindern des Oberstleutnants der Kavallerie Georg Otto von Münchhausen (*1682 † 1724), Gutsherr auf Rinteln und Bodenwerder, dieser wiederum ein Ururenkel des Söldnerführers Hilmar von Münchhausen. Der Vater starb, als Hieronymus erst vier Jahre alt war; seine Mutter, Sibylle Wilhelmine von Reden aus Hastenbeck (*1689 † 1741), hat ihn erzogen.

Adligem Brauch folgend ging Hieronymus im Alter von 13 Jahren an den braunschweigischen Hof nach Wolfenbüttel. 1737 wurde er Page des heimlichen Prinzgemahls der zukünftigen Zarin, Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel. Anton Ulrich sollte sich in der russischen Aristokratie bewähren, weilte bereits in Sankt Petersburg und diente im Militär. Münchhausen reiste im Dezember 1737 nach Russland, wo er im Februar 1738 ankam.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist er noch im gleichen Monat seinem Herrn in den Russisch-Österreichischen Türkenkrieg (1736–1739) gefolgt. Einige der ihm zugeschriebenen Lügengeschichten beruhen auf diesen kriegerischen Auseinandersetzungen.

Die Lügengeschichte vom berühmten „Ritt auf der Kanonenkugel“ hat wahrscheinlich die Belagerung der osmanischen Krim-Festung Otschakow durch den russischen Oberbefehlshaber von Münnich zum Hintergrund.


1739 wurde Münchhausen von der Zarin Anna Iwanowna zum Fähnrich der russischen „Braunschweig-Kürassiere“ ernannt, dessen Regimentschef Anton Ulrich war. Die Kürassiere lagen in Riga in Garnison und nahmen in der Folge wohl mit Münchhausen am Russisch-Schwedischen Krieg (1741–1743) teil. 1740 wurde Münchhausen zum Leutnant ernannt. Seine Karriere versprach unter seinem Patron glänzend zu verlaufen, denn im gleichen Jahr wurde - nach dem Tode der Zarin Anna - der soeben erst geborene Sohn Anton Ulrichs als Iwan VI. zum Zaren von Russland ernannt. Doch endeten alle Hoffnungen der Welfen und ihrer Entourage jäh durch einen gewaltsamen Thronwechsel, als Annas Cousine Elisabeth, Tochter Peters des Großen, 1741 den einjährigen Iwan stürzte und ihn und seine Familie für lange Jahre in Gefangenschaft warf. Münchhausens Leben wurde seitdem von Anton Ulrichs Schicksal überschattet. Zwar überstand er den Umsturz heil - vermutlich, weil er zu dieser Zeit in Finnland kämpfte -, aber aus seiner soeben erst begonnenen Karriere wurde nichts, die weitere Beförderung zum Rittmeister ließ ein ganzes Jahrzehnt - bis 1750 - auf sich warten. Die Garnisonstadt Riga wurde in diesen Jahren sein hauptsächlicher Aufenthaltsort. Diese Rigaer Jahre beeinflussten wohl seine Fähigkeiten als Erzähler, denn in den deutsch-baltischen adligen Freundeskreisen wurde gerne ausgiebig und phantasievoll erzählt.

Von seinem Freund, dem baltischen Landadligen Georg Gustav von Dunten, wurde er wiederholt auf dessen Landgut nahe dem damals livländischen, jetzt lettischen Ort Ruthern (Dunte) eingeladen, wo beide der Entenjagd nachgingen. In einer Schenke der Stadt soll sich Münchhausen erstmals als Geschichtenerzähler betätigt haben. Auf von Duntens Landgut lernte der Baron auch dessen Tochter Jacobine von Dunten kennen, die er dann am 2. Februar 1744 in der Kirche des nahegelegenen Dorfes Pernigel (Liepupe) heiratete.

1750 nahm Münchhausen seinen Abschied, kehrte nach Deutschland zurück und verlebte mit seiner Frau weitere 40 glückliche, jedoch kinderlose Jahre auf dem ererbten Gut in Bodenwerder an der Weser. Er führte das Leben eines Landedelmannes, der sein Gut bestellt, geselligen Verkehr mit seinen Gutsnachbarn pflegt und dessen liebster Zeitvertrieb die Jagd ist. Im Freundeskreis begann sein Erzähltalent allmählich berühmt zu werden. Gäste kamen nach Bodenwerder, auch von weit her, um fabelhafte Geschichten zu hören, darunter möglicherweise auch der Kasseler Museumsdirektor Raspe. Die ersten drei dieser Erzählungen publizierte 1761 der Graf Rochus Friedrich zu Lynar, dessen Bruder Moritz Karl einst zu gemeinsamen Petersburger Zeiten der Geliebte von Herzog Anton Ulrichs Ehefrau Anna Leopoldowna gewesen war; Rochus Lynar war 1749 Gesandter in St. Petersburg und dann von 1752 bis 1765 Statthalter in Oldenburg; nicht allzu weit davon entfernt, in Daren bei Vechta, lebte Münchhausens Schwester Anna von Frydag, bei der man sich wiedergesehen haben könnte.

Nach dem Tod seiner Frau 1790 bewarb der alte Münchhausen sich um sein Patenkind, die erst 17-jährige Tochter des Majors von Brunn aus Polle. Am 12. Januar 1794 ehelichte er die 20-jährige Bernhardine Brunsig von Brunn. Schon kurz nach der Hochzeit kam es zu schlimmen Zerwürfnissen. Wegen ehelicher Untreue reichte der 73-jährige Baron die Scheidung ein. In einem 3 Jahre lang andauernden und Aufsehen erregenden ruinösen Scheidungsprozess endete die Ehe. Der Baron verlor dadurch fast sein ganzes Vermögen. 1794 musste er das Gut Bodenwerder formell an seinen Neffen Wilhelm abtreten, blieb jedoch dort wohnen. Bernhardine von Brunn soll auf einer Reise in die Niederlande verschollen sein. Dort heiratete sie im Jahre 1800 den Holländischen Drosten Abraham de Both aus Didam.

Ein möglicherweise gelegentlicher Gast in Bodenwerder, Museumsdirektor Rudolf Erich Raspe, stahl - um Schulden zu begleichen - 1774 einige Antiquitäten aus den landgräflichen Sammlungen in Kassel. Der Diebstahl wurde entdeckt, Raspe floh nach England. Um Geld zu beschaffen, veröffentlichte er 1785 in London eine Reihe von Anekdoten und Reiseabenteuern unter Münchhausens Namen (siehe unten) - nachdem bereits 1761 Graf Lynar und 1781 ein anonymer Autor erste Münchhausiaden publiziert hatten. Raspes Buch wurde ein ungeheurer Erfolg. Es folgen vier stets erweiterte Neuauflagen. 1786 wurden diese Geschichten von Gottfried August Bürger ins Deutsche übersetzt und dabei nochmals um viele Abenteuergeschichten erweitert. Diese Publikationen machten Münchhausen zwar weltberühmt, jedoch brachten sie ihm den Ruf als „Lügenbaron“ ein und gaben ihn - in seinen Augen - der Lächerlichkeit preis. Der Ärger darüber vergällte ihm - neben dem späten Eheabenteuer und dem folgenden Ruin - den Rest seiner Jahre.

Die Lügengeschichten

Die dem Baron zugeschriebenen Erzählungen gehören in die Tradition der Lügengeschichten, die weit in die Literatur des klassischen Altertums (Lukian von Samosata: Vera historia), das talmudische Judentum und das frühe orientalische Erzählgut zurückreicht und von den humanistischen Fazetien- und Schwank-Sammlungen des 15. und 16. Jahrhunderts in Deutschland fortgeführt wurde.
Obwohl man nur von vier Lügengeschichten mit Sicherheit weiß, dass Münchhausen sie tatsächlich erzählt hat, werden dem Baron von den verschiedenen Autoren (siehe literarische Verarbeitung) insgesamt weit über hundert zugeschrieben. Zu den bekanntesten zählen unter anderem:
  • Münchhausen bindet bei dichtem Schneetreiben sein Pferd an einen Pflock, der sich nach der Schneeschmelze als Kirchturmspitze erweist.
  • Münchhausen fängt mit an eine Leine gebundenen Speckstückchen Enten, die dann aber aufflattern und ihn durch die Luft tragen.
  • Münchhausen schießt einem Hirsch eine Ladung Kirschkerne auf den Kopf, woraus in dessen Geweih ein Baum entsprießt.
  • Münchhausen schießt Hühner mit einem Ladestock.
  • Münchhausen jagt einen achtbeinigen Hasen.
  • Münchhausen fasst einem Wolf in den Schlund und wendet sein Inneres nach außen.
  • Münchhausen holt sein in den Schnee gefallenes Messer mittels eines gefrorenen Harnstrahls zu sich herauf.
  • Münchhausens Pferd wird durch ein Torgatter zweigeteilt. Während der Baron unwissend mit der vorderen Hälfte zur Tränke reitet, vergnügt sich die hintere auf der Wiese mit Stuten.
  • Münchhausen springt mit seinem Pferd durch eine fahrende Kutsche.
  • Münchhausen reitet auf einer Kanonenkugel über eine belagerte Stadt, inspiziert die feindlichen Stellungen und steigt kurzerhand auf eine in die Gegenrichtung fliegende Kugel um.
  • Münchhausen zieht sich samt Pferd am eigenen Schopf aus dem Sumpf.
  • Münchhausen reitet mit seinem Pferd auf einem gedeckten Teetisch, ohne das Geschirr zu zerbrechen.
  • Münchhausen wirft seine silberne Axt so weit, dass sie auf dem Mond landet. Mittels einer Bohnenranke steigt er hinauf, um sie zu holen.
  • An einem kalten Wintertag gefrieren die Töne im Posthorn eines Kutschers. Später taut das Horn in der Schenke auf und gibt die Musik von sich.
  • Münchhausens schnellfüßiger Diener schafft dem Sultan binnen einer Stunde eine Flasche Tokajer von Wien nach Konstantinopel.
  • Münchhausen fährt mit einem Pferdeschlitten, als ein Wolf sein Pferd von hinten angreift, ganz auffrisst und dann im Geschirr steckend die Aufgabe des Pferdes übernimmt.
  • Münchhausen wird von einem tollwütigen Hund angefallen, der sich in seinen Überrock verbeißt. Später zeigt der Rock selbst Anzeichen der Tollwut und geht auf seinen Besitzer los.
Einem Großteil der Geschichten ist gemein, dass ihr Witz darin liegt, dass physikalische oder biologische Möglichkeiten ad absurdum geführt werden.




Montgolfier




Die Brüder Joseph Michel Montgolfier (* 26. August 1740 in Annonay bei Lyon, † 26. Juni 1810 in Balaruc-les-Bains) und Jacques Étienne Montgolfier (* 6. Januar 1745 in Annonay, † 2. August 1799) waren -angeblich- die Erfinder des Heißluftballons, der Montgolfière.

Leben


Die Brüder wurden in Naturwissenschaften unterrichtet und in Architektur ausgebildet. Sie leiteten gemeinsam eine Papierfabrik, die bereits seit 1557 im Familienbesitz war. Schon seit Mitte der 1770er Jahre beschäftigte sich Joseph Michel mit der Luftfahrt, und zwar zunächst mit dem Fallschirm. 1777 machte er einen Selbstversuch vom Dach seines Hauses, der gut ausging. Jedoch unterließ er auf Bitten seiner Familie weitere Unternehmungen dieser Art.
Angeregt durch eine Schrift Joseph Priestleys beschäftigte er sich dann mit den Eigenschaften verschiedener Gase. Er wollte eine luftdichte Hülle, die mit „leichter Luft“ gefüllt war, zum Aufsteigen bringen. Experimente mit Wasserdampf schlugen fehl. Im Dezember 1782 unternahmen die beiden Brüder in ihrem Heimatort Annonay einen ersten – erfolgreichen – Versuch mit einem Ballon, der mittels von Wolle und Heu erhitzter Luft aufsteigen konnte. Die Montgolfiers waren der Ansicht, der Rauch sei das Auftriebsmittel, und bevorzugten daher stark qualmende Brennmaterialien.

Am 4. Juni 1783 ließen sie wiederum in Annonay einen verbesserten Ballon aus Leinwand, der mit Papier abgedichtet worden war, vor Publikum aufsteigen. Dieser Flug dauerte zehn Minuten und soll eine Höhe von über 2000 m erreicht haben.

Daraufhin lud König Ludwig XVI. die Montgolfiers zu einer Demonstration nach Paris ein, erteilte jedoch gleichzeitig der Akademie der Wissenschaften den Auftrag, Versuche mit der „fliegenden Kugel“ durchzuführen. Jean-Baptiste Reveillon lieferte Rat, Geld und farbige Tapete für den Ballon. Bereits am 19. September desselben Jahres ließen die Brüder in Anwesenheit des Königs vom Schloss Versailles aus einen Heißluftballon mit drei Tieren (Hammel, Ente und Hahn) aufsteigen. Da die Tiere das Experiment überlebten, gab der König die Erlaubnis zu einem Aufstieg mit Menschen: am 21. November 1783 hoben mit dem Physiker Jean-François Pilâtre de Rozier und dem Offizier François d’Arlandes die ersten menschlichen Luftfahrer vom Boden ab. Der Flug dauerte 25 Minuten und endete erfolgreich auf der Butte aux Cailles. Ursprünglich sollten Sträflinge als Versuchspersonen eingesetzt werden; nach Protesten ließ man diesen Gedanken jedoch fallen.
Beim zweiten bemannten Aufstieg, am 1. Dezember 1783, flog Jacques Alexandre César Charles in einem Wasserstoff-Ballon bei Paris auf eine Höhe von ungefähr 3 km.

Die erste bemannte Ballonfahrt außerhalb Frankreichs wurde von Don Paolo Andreani und den Brüdern Agostino und Carlo Gerli am 25. Februar 1784 in der Nähe von Mailand unternommen. Sie starteten von Moncucco, heute in Brugherio gelegen.

1796 automatisierte Joseph Michel die von John Whitehurst 1772 erstmalig aufgebaute Pulsation Engine und schuf damit eine autonom arbeitende Wasserpumpe, den Hydraulischen Widder.
Die Brüder Montgolfier entwickelten in ihrer Fabrik ein Verfahren zur Herstellung von Transparentpapier; Jacques Étienne gründete später die erste Fachschule für Papiermacher.




Heißluftballon der Gebrüder Montgolfier am 19. Oktober 1783



Otto Lilienthal

 

Karl Wilhelm Otto Lilienthal (* 23. Mai 1848 in Anklam, Königreich Preußen; † 10. August 1896 in Berlin, Deutsches Reich, nach einem Absturz mit einem seiner Flugapparate) war ein deutscher Luftfahrtpionier. Nach heutigem Wissen war er der erste Mensch, der erfolgreich und wiederholbar Gleitflüge mit einem Flugzeug (Hängegleiter) absolvierte und dem Flugprinzip schwerer als Luft damit zum Durchbruch verhalf. Seine experimentellen Vorarbeiten führten zur bis heute gültigen physikalischen Beschreibung der Tragfläche. Die Produktion des Normalsegelapparates in seiner Maschinenfabrik in Berlin war die erste Serienfertigung eines Flugzeugs. Sein Flugprinzip war das des heutigen Hängegleiters und wurde von den Gebrüdern Wright zum Prinzip des Flugzeugs weiterentwickelt.

Der erste Menschenflug?

Lilienthal gilt weithin als „erster Flieger der Menschheit“. Diese Klassifizierung ist jedoch problematisch, da erste bemannte Fluggeräte bereits in Form von Fesseldrachen vor 2000 Jahren nach dem Prinzip schwerer als Luft geflogen sind.

Über freie oder gesteuerte Flüge aus jener Zeit ist allerdings nichts bekannt. Vom Vater der Aerodynamik, dem Engländer George Cayley, wird berichtet, dass er 1852 ein von ihm entworfenes Fluggerät mit einem Hausangestellten als Piloten in einen Gleitflug versetzt hat. Andere glaubhafte, aber auch phantastische Überlieferungen von Flugversuchen sind weit verbreitet. Ein sehr bekannter, lange vermutlich unterbewerteter Versuch ist der des Albrecht Ludwig Berblinger, des Schneiders von Ulm, im Jahr 1811.

Dennoch darf Otto Lilienthal als derjenige gelten, der das Flugproblem gelöst hat. Er war der erste, der die Wirkung verschiedener Flügelprofile systematisch vermaß und dokumentierte. Er war der erste, der aufbauend auf diesen Messungen wiederholt kontrolliert geflogen ist und seine Erkenntnisse regelmäßig publizierte.



Versuchsflug bei Derwitz mit Lilienthal als Testpilot, 1891